Der 524 Seiten starke Roman "Dunkelblum" erzählt die umfassende Nachkriegsgeschichte eines fiktiven Städtchens an der österreichisch Grenze bis ins Jahr 1989. In diesem Sommer '89 taucht nicht nur ein rätselhafter Besucher in Dunkelblum auf, es wird auch ein Skelett gefunden und eine junge Frau verschwindet. Obwohl hinter der nahen Grenze zu Ungarn bereits hunderte DDR-Flüchtlinge auf Ausreise warten, ist Eva Menasses neues Werk kein Wenderoman, sondern wie es in der "Zeit" hieß: ein "Vergangenheitsbewältigungsthriller".

Eva Menasse, "Dunkelblum". 25,70 Euro / 524 Seiten. Kiepenheuer & Witsch 2021.

Denn was hier nicht nur von den örtlichen Alt-Nazis nachhaltig verschwiegen, sondern von der schon lange in Berlin lebende österreichische Schriftstellerin anhand eines ganzen Dunkelblumer Dorfbewohnerinnen- und Dorfbewohner-Panoptikums so treffend geschildert wird, erinnert voll und ganz an das, was 1945 tatsächlich im österreichischen Rechnitz passiert ist, wo in der Nacht von 24. auf den 25. März 1945 200 ungarisch-jüdische Zwangsarbeiter grausamst erschossen wurden. Trotz der dunklen Thematik schildert Eva Menasse dieses Lehrstück mit viel Schmäh, ihre Abrechnung mit der österreichischen Geschichtsvergessenheit ist gleichzeitig eine Liebeserklärung an die österreichische Sprache. (red, 10.9.2021)