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Foto von einem Protest gegen die Heartbeat Bill in der texanischen Metropole Austin.

Foto: AP/Jay Janner

Anfang September wurden Verschärfungen in den Regelungen rund um Schwangerschaftsabbrüche im US-Bundesstaat Texas in Kraft gesetzt. Als Resultat des Heartbeat Acts (Senate Bill 8) sind Abtreibungen nun verboten, sobald der Herzschlag eines Embryos messbar ist – also etwa ab der sechsten Woche. Dazu können auch nicht involvierte Privatpersonen nun auch Bürger und Institutionen vor Gericht bringen, die nunmehr illegale Abtreibungen in irgendeiner Form unterstützen, ausgenommen der Schwangeren selbst. Bei einem Schuldspruch droht eine Geldstrafe von mindestens 10.000 Dollar plus Anwaltskosten. Das Geld wird den Klägern zugestanden.

Wie weit dies auslegbar ist, bleibt abzuwarten. Potenziell könnte sich aber auch jemand, der eine Frau zu einem Termin für einen Schwangerschaftsabbruch bringt oder Informationsmaterialien aushändigt, rechtlich angreifbar machen. Aktivisten aus der konservativ-evangelischen Ecke wollen diesen Aspekt der neuen Rechtslage nutzen, um Personen zur Anzeige zu bringen, die eine Abtreibung außerhalb der Frist vornehmen lassen oder Beihilfe leisten.

"Jagd" auf Schwangere und Helfer

Schon am 2. September eröffneten Nutzer der Forenplattform Reddit ein eigenes Forum (Subreddit) namens "TXBountyHunters", übersetzt: texanische Kopfgeldjäger. Die Mitglieder der Gruppe begannen damit, Tipps auszutauschen, wie man Schwangere und andere an verbotenen Abtreibungen beteiligte Personen finden und sie vor Gericht bringen kann, um sich dank der neuen Gesetzeslage zu bereichern. Das berichtet "Business Insider" unter Berufung auf eine Person, die Mitglied in diesem Subreddit war.

In diesem Falle reagierte Reddit allerdings unüblich flott und sperrte das Forum offenbar binnen einen Tages nach seiner Eröffnung. Geltend machte man Richtlinienverstöße, insbesondere im Hinblick auf Verbote, andere Nutzer zu schikanieren. Zum Zeitpunkt der Schließung soll die Gruppe 68 Mitglieder gehabt haben. Es ist allerdings anzunehmen, dass sich solche Zusammenschlüsse über weniger regulierte Plattformen organisieren werden.

Abtreibungsgegner-Lobbyisten verloren Dienstleister

Auch die evangelikal-konservative Lobbyorganisation Texas Right to Life hatte Ähnliches vor. Sie rief eine Plattform namens Pro Life Whistleblower ins Leben, über die Besucher mutmaßliche Heartbeat-Act-Verstöße melden sollten, denen man nachgehen wollte. Kurz nach dem Start des Portals wurden die Server allerdings durch über Tiktok konzertierte Massenmeldungen mit Shrek-Pornos geflutet. Zudem kündigte kurz darauf der Webhoster Godaddy der Organisation den Vertrag und nahm die Meldeplattform nach einer eintägigen Frist vom Netz.

Texas Right to Life veröffentlichte daraufhin einen Blogeintrag, in dem man sich darüber beklagte, "gecancelt" worden zu sein. Zudem kündigte man an, das "Whistleblowing"-Formular binnen zweier Tage wieder verfügbar machen zu wollen. Die selbstgesetzte Frist verstrich jedoch ereignislos.

Selbst Rechts-außen-Webhost winkt ab

Wie "Wired" schreibt, war die Suche nach einer neuen Heimat für die Seite bislang erfolglos. Selbst das Unternehmen Epik verweigerte Texas Right to Life den vollen Umfang seiner Dienste, sondern bot sich nur als neuer Registrar für die Domain an, ohne aber das Meldeportal selbst zu hosten. Sollten wieder Einreichungen angenommen werden, so werde man die Domainregistrierung zurücknehmen. Das ist insofern bemerkenswert, als dass Epik normalerweise kaum Berührungsängste nach rechts außen hat und auch der Dienstleister für die beiden umstrittenen Netzwerke Gab und Parler ist.

Schon zuvor ließ die Lobbygruppe verlautbaren, dass man einen neuen Anbieter gefunden habe und nun zusätzliche Maßnahmen zum Schutz von Nutzerdaten implementiere. Den Namen des neuen Webhosts wollte man aber "aus Sicherheitsgründen" nicht nennen. Ob es nun also ein Missverständnis zwischen Texas Right to Life und Epik gibt oder die Abtreibungsgegner auf einen gänzlich anderen Anbieter umsteigen, bleibt abzuwarten.

Heartbeat-Bill-Gegner formieren sich

Das US-Höchstgericht hat sich mit knapper 5:4-Mehrheit dagegen entschieden, die Heartbeat Bill auszusetzen, bis man eine Entscheidung darüber getroffen hat, ob die Gesetze der Verfassung entsprechen oder nicht. Das sorgte, speziell aus dem progressiven Lager und von Frauenrechtsorganisationen, für scharfe Kritik.

Einige Rechtsexperten haben sich bereits dazu geäußert und betrachten sie als nicht verfassungskonform. Dagegen anzukämpfen sei jedoch schwierig, weil Texas die Verfolgung der Beihilfe zu illegalen Schwangerschaftsabbrüchen auf seine Bürger abwälzt. Auch die US-Bundesregierung unter Joe Biden zeigte sich alarmiert und sondiert aktuell Möglichkeiten, gegen die neuen Regelungen vorzugehen. (gpi, 9.9.2021)