Mehrere heimische Hilfsorganisationen fordern Hilfe für Moria.

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Wien/Lesbos – Am Jahrestag der Brandkatastrophe im griechischen Flüchtlingscamp Moria auf Lesbos haben heimische Hilfsorganisationen am Donnerstag mit einer gemeinsamen Aktion in Wien und einem offenen Brief an die Bundesregierung auf die weiterhin bestehenden "Elendslager" auf den griechischen Inseln aufmerksam gemacht. Gleichzeitig appellierten Ärzte ohne Grenzen (MSF), Caritas, Diakonie und die Initiative Courage einmal mehr an die Regierung, Verantwortung zu übernehmen.

"Leid in den griechischen Elendslagern lodert weiter"

"Trotz unzähliger Evakuierungsappelle sowie Ankündigungen, die Lage durch 'Hilfe vor Ort' zu entschärfen, wurde die Versorgung der betroffenen Kinder, Frauen und Männer nicht wesentlich verbessert", so die Nichtregierungsorganisationen. Sie forderten Türkis-Grün auf, die bisherige Position zur Aufnahme Schutzsuchender aus Griechenland zu überdenken und Menschen nach Österreich zu evakuieren. Bisher weigert sich die ÖVP strikt, Geflüchtete aufzunehmen.

Mit einem symbolischen Feuer erinnerten die Hilfsorganisationen am Ballhausplatz vor dem Bundeskanzleramt in der Wiener Innenstadt daran, dass trotz aller politischen Versprechungen, die Lage zu verbessern oder "Hilfe vor Ort" zu leisten, die Grundrechtsverletzungen täglich weitergehen, hieß es in einer gemeinsamen Presseaussendung.

"Die Flammen in Moria mögen zwar erloschen sein, doch das Leid in den griechischen Elendslagern lodert weiter", fasste Laura Leyser, Geschäftsführerin von Ärzte ohne Grenzen Österreich, zusammen. Die Lebensumstände dort seien akut gesundheitsgefährdend.

Demo in Wien.
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In Griechenland werde täglich EU-Recht gebrochen, schutzsuchende Menschen müssten dort gleich untergebracht werden wie in Österreich oder Deutschland, kritisierte der Diakonie-Experte für Asyl und Menschenrechte, Christoph Riedl. Es müsse beides geben – wirksame Hilfe vor Ort und die Evakuierung von Menschen, die an Leib und Leben bedroht sind. "Das ist kein Entweder-oder, sondern ein Sowohl-als-auch", betonte Daniela Pamminger, Leiterin Katastrophenhilfe der Caritas Österreich.

"Lassen Sie uns helfen", rief Cornelius Obonya, Schauspieler und Vertreter der Initiative "Courage – Mut zur Menschlichkeit" in Richtung Regierung. Es gebe eine "überwältigende Solidarität mit Geflüchteten und eine große Hilfsbereitschaft" in Österreich.

Krisper: "Unmenschlich bis barbarisch"

Nach der SPÖ meldeten sich am Donnerstag auch die Neos zu Wort. Deren Sprecherin für Inneres, Stephanie Krisper, bezeichnete die Situation für Asylwerber auf den griechischen Inseln als "seit vielen Jahren unmenschlich bis barbarisch", die Zustände seien eine "Schande für Europa".

Schauspieler Cornelius Obonya fordert Hilfe für Moria.
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In einer Aussendung forderte sie ein gemeinsames europäisches Asylsystem mit schnellen Verfahren und Integration bzw. Abschiebungen. Scharfe Kritik übte Krisper mit Verweis auf die medienwirksam nach Griechenland gebrachte Hilfe für Moria im vergangenen Jahr an der "Showpolitik" der ÖVP. Doch: "Hilfe, die nicht ankommt, ist keine Hilfe."

Die grüne Sprecherin für Außenpolitik und Menschenrechte, Ewa Ernst-Dziedzic, übte wiederum Kritik an der EU generell und an Griechenland im Speziellen. "Wir haben in der Europäischen Union, welche die Menschenwürde zu ihren fundamentalen Grundwerten zählt, das Elend zu einem institutionalisierten Zustand gemacht", hieß es in einer der APA übermittelten Aussendung. Die Regierung in Athen habe "offenbar keine Eile, menschenwürdige Lebensbedingungen für Flüchtlinge zu schaffen", so die grüne Parlamentarierin. (APA, dpa, 9.9.2021)