Barbara Staudinger wird neue Direktorin des Jüdischen Museums Wien.

Anderwald + Grond

Zwölf Jahre wird die ehemalige ORF-Moderatorin Danielle Spera das Jüdische Museum Wien geleitet haben. Sie verhalf der Institution zu einer klaren Profilierung in der Wiener Museumslandschaft und vor allem zu mehr Strahlkraft nach außen. Ab 2022 folgt Spera nun eine Frau nach, die als Person zwar wenig breiten Bekanntheitsgrad mitbringt, von der man sich fachlich aber neue Impulse erwartet.

Die Wahl der Wien-Holding, der das Museum untersteht, fiel unter 20 Bewerberinnen und Bewerbern – darunter auch Spera – einstimmig auf Barbara Staudinger. Sie wurde 1973 in Wien geboren, bringt also bereits viel Lebens- und Berufserfahrung mit, wird aber auch keine Mühe haben, einen Generationswechsel einzuleiten.

Wissenschaftlich ist Staudingers Eignung unumstritten: Sie studierte in Wien Geschichte, Theaterwissenschaft und Judaistik, wo sie 2001 mit einer Arbeit zur "Rechtsstellung und Judenfeindschaft am Reichshofrat 1559–1670" promovierte. Von 1998 bis 2013 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für jüdische Geschichte Österreichs. Ihre zahlreichen Publikationen befassen sich schwerpunktmäßig mit jüdischer Kulturgeschichte und reichen disziplinübergreifend bis ins ethnologische Fach.

Ab 2013 verschrieb sich Staudinger der musealen Arbeit: Sie kuratierte im Wien-Museum, Volkskundemuseum, Weltmuseum und einmalig auch im Jüdischen Museum Wien, das sie nun übernimmt.

Seit 2018 Direktorin in Augsburg

Seit 2018 leitete Staudinger das Jüdische Museum in Augsburg, wo zuletzt die Ausstellung Die Stadt ohne: Juden Ausländer Muslime Flüchtlinge breitere Resonanz erfuhr. Die Schau thematisierte, wie Polarisierung zum Ausschluss einzelner Gruppen führt. Gut möglich also, dass sie Diskriminierung breiter thematisieren wird als auf Antisemitismus beschränkt.

Über ihre Arbeitsauffassung sagte Staudinger zuletzt: "Für mich sind Museen keine Gebäude, die in der Stadt stehen und auf Besuchende warten. Ihre Aufgabe ist, in die Stadtgesellschaft hineinzuwirken, gesellschaftliche Fragen aufzugreifen und zu diskutieren."

Fachkollegen attestieren Staudinger hohe wissenschaftliche Akribie und auch die nötige Ferne zur Parteipolitik. In der Wiener jüdischen Community ist sie eher ein unbeschriebenes Blatt, sagen Kollegen – vernetzt sei sie wohl, aber nicht verstrickt in lokale Rivalitäten, was Danielle Spera manche Kritiker vorwarfen. Wie gut es Barbara Staudinger gelingen wird, in jede Richtung Distanz zu halten, wird sich erst weisen. (Stefan Weiss, 9.9.2021)