Caspar Einem galt als linker Paradeintellektueller in der SPÖ.

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Für die FPÖ und den Boulevard war er jahrelang das Feindbild Nummer eins unter den Sozialdemokraten, für viele Parteifreunde und Sympathisanten der lebende Beweis, dass man auch in schwierigen politischen Ämtern Integrität und Anstand behalten kann. Caspar Einem, Innen-, Wissenschafts- und Verkehrsminister in den Regierungen von Franz Vranitzky und Viktor Klima, ließ niemanden kalt. Am Donnerstag wurde bekannt, dass er mit 73 Jahren überraschend gestorben ist.

Einem kam 1948 als Sohn des Komponisten Gottfried von Einem und von Lianne, geborene von Bismarck, in Salzburg auf die Welt. Nach der Matura in Wien und dem Abschluss des Jusstudiums 1971 betätigte er sich als Bewährungshelfer in Wien und Salzburg; über mehrere berufliche Stationen landete er beim Mineralölkonzern OMV, wo er für den Geschäftsbereich Gas verantwortlich war.

Kontakte zur linken Szene

Von dort holte ihn Vranitzky 1994 als Beamtenstaatssekretär ins Bundeskanzleramt. 1995 trat er im Innenministerium die Nachfolge von Franz Löschnak an und profilierte sich ohne Umwege als Lieblingsfeind der FPÖ. Seine Kontakte zur linken Anarcho- und Hausbesetzerszene und seine Spende an das "Tatblatt" brachten ihn in schwere Bedrängnis, im Innenministerium hatte er mit dem erbitterten Widerstand von Spitzenbeamten zu kämpfen, die seinen liberaleren Zugang zur Migration ablehnten. Hinzu kam, dass in seiner Zeit als Innenminister die Brief- und Rohrbombenattentate von Franz Fuchs nicht geklärt werden konnten.

1997 wechselte er ins Ressort Wissenschaft und Verkehr, im gleichen Jahr heiratete der Vater eines Sohnes seine ehemalige Pressesprecherin Andrea Hlavac.

Als im Jahr 2000 die SPÖ durch die schwarz-blaue Koalition aus der Regierung geworfen wurde, war Einem der Favorit der Parteilinken für die Nachfolge von Viktor Klima als Parteichef. Doch statt ihm kam Alfred Gusenbauer zum Zug. Einem wechselte als Abgeordneter ins Parlament.

Aufarbeitung im BSA

Noch einmal machte er 2002 von sich reden, als er als Vorsitzender des Bundes Sozialdemokratischer Akademiker (BSA) die Aufarbeitung der "braunen Flecken", also der Integration ehemaliger Nazis in die Organisation, in Angriff nahm. 2007 verließ er die Politik endgültig und war danach in verschiedenen Funktionen in der Privatwirtschaft und in wissenschaftlichen Einrichtungen tätig.

Einem galt stets als Intellektueller mit einer Weltanschauung, die meist links vom SPÖ-Mainstream lag. Bekannt war er für seinen oft schief gelegten Kopf.

Über Parteigrenzen hinweg geschätzt

SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner meinte am Donnerstagabend, man trauere "um einen großen Denker und Sozialdemokraten, einen aufrechten Kämpfer für Bildung und Wissenschaft". Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) nannte Einem einen ausgewiesenen Antifaschisten und versicherte: "Er wird unvergessen bleiben." Der Bund sozialdemokratischer Akademiker mit Präsident Andreas Mailath-Pokorny schilderte Einem als "wichtigsten Intellektuellen, Vordenker sowie Politiker mit Mut zur Haltung und zur Vision".

Aber auch Vertreter anderer Parteien – etwa Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger – würdigten sein Wirken und kondolierten den Angehörigen. Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) meinte am Abend, er habe im Rahmen eines persönlichen Gesprächs im vergangenen Jahr Einems weitreichende Erfahrungen und Kenntnisse zur Sicherheitspolitik kennen und schätzen lernen dürfen. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) sah in Einem "eine Größe der österreichischen Innenpolitik". Er sei eine außergewöhnliche Persönlichkeit gewesen, die dem Land in politisch bewegten Zeiten einen wichtigen Dienst erwiesen habe. (Eric Frey, 9.9.2021)