Wer das Rad erst aus dem Keller herauftragen muss, wird es eher nicht verwenden. Das Problem wurde auch in Wels erkannt.

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Wer gern mit dem Rad fährt, kennt die Probleme. Der Fahrradraum ist in Wohnhäusern oft im letzten Eck des Kellers versteckt. Der Lift ist zu eng, und auch durch Stiegenhäuser, Türen und Gänge lässt es sich mit dem Rad in der einen und der Einkaufstasche in der anderen Hand nur schwer navigieren. Als Resultat verstaubt es dann oft im Keller.

Der oberösterreichische Immobilienentwickler Trio Development ist mit dem Projekt "Hygge" – das ist Dänisch und bedeutet so viel wie "gemütlich" – aufs Rad gekommen. Inspiration war ein Wohnhaus in Malmö, bei dem die Bewohnerinnen und Bewohner mit ihrem fahrbaren Untersatz bis in die eigene Wohnung kurven können.

Der feine Unterschied zu Österreich: In Malmö war der Boden aus Beton, während Parkettböden hierzulande von Regen und Schneematsch wohl schnell in Mitleidenschaft gezogen wären. "Aber wir haben angefangen, darüber nachzudenken, wie man mit dem Rad bis zur eigenen Wohnung fahren könnte", sagt Wolfgang Maierhofer, Geschäftsführer von Trio Development.

Großer Bettenlift

Dafür brauchte es beispielsweise einen größeren Lift, in dem nicht nur das schlanke City-Bike, sondern auch ein Lastenrad Platz hat. Der Bauträger entschied sich für einen Bettenlift wie in einem Krankenhaus und einen entsprechend großen Lift- und Stiegenhausturm. Auch die Laubengänge wurden so breit ausgeführt, dass man auch bei Gegenverkehr das Rad bis zur Wohnung schieben kann.

Vor der Wohnungstür können bis zu drei Räder in Blickweite abgeschlossen werden – außer man macht es wie die Schweden und nimmt das Fahrrad mit in die Wohnung. Dass das Konzept angenommen wird, sei offensichtlich: "Man sieht, wie viele Räder in den Stockwerken stehen", sagt Maierhofer. Ein E-Lastenrad und zwei E-Bikes stehen Bewohnerinnen und Bewohnern der 23 Wohneinheiten im Eingangsbereich außerdem zur Verfügung. Im Wohnhaus am Weidenweg gibt es auch ein E-Auto, das auch öffentlich angemietet werden kann und durch eine 225-Quadratmeter-Photovoltaikanlage oben auf dem Dach gespeist wird.

Von Kritikern habe man im Vorfeld gehört, dass die "Öko-Freaks", für die man da baue, sich keine Wohnung leisten könnten, erzählt Maierhofer. Es ist anders gekommen: Die Wohnungen sind weg. Im Schnitt haben diese laut Maierhofer 4000 Euro pro Quadratmeter gekostet, was in Wels ein normaler Preis sei. Die Käufer seien bunt gemischt gewesen, von Anlegern bis hin zu einem 96-Jährigem, der nun zwar nicht mehr mit dem Fahrrad, dafür aber mit seinem Rollator im Haus unterwegs ist. Vor kurzem wurde das Wohnprojekt mit dem Ober-österreichischen Mobilitätspreis des VCÖ ausgezeichnet.

Weitere Projekte

Dass es in dem Wohnprojekt, das in Holzbauweise errichtet wurde, weniger Parkplätze als bei anderen Wohnhäusern gibt, sei für die Wohnungskäuferinnen und Wohnungskäufer kein Problem gewesen, sagt Maierhofer: "Normalerweise beschweren sich die Leute eher, dass sie zwei Parkplätze kaufen müssen."

Geplant ist nun, aus "Hygge" eine Marke zu machen. In Lambach wird es ein solches fahrradfreundliches Projekt geben. Auch in Gmunden sei eine Umsetzung möglich, sagt Maierhofer: "Und wir werden Liegenschaften in Zukunft durch die Hygge-Brille anschauen." (Franziska Zoidl, 17.9.2021)