Helge Schneider steht auf einen "blaugrünen Smaragdkäfer" ...

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... und Mariza beweist sich als Meisterin unter den Fadistas.

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Dee Dee Bridgewater macht ihrer Geburtsstadt Memphis eine Liebeserklärung.
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Es ist ein wahr gewordener Kindheitstraum. Wer hat sich nicht gewünscht, dass ihre oder seine Cartoon-Helden einmal direkt vom Bildschirm in die Wirklichkeit springen? Das Ensemble The Queen’s Cartoonists machen das auf der Bühne des Festspielhauses möglich. In der Art einer modernen Stummfilmvorführung begleiten die Musiker klassische wie moderne Trick- oder Animationsfilme und vertonen sie neu.

2015 haben der Schlagzeuger Rossen Nedelchev, der mit fluoreszierenden Drumsticks spielt, der Pianist Joel Pierson, Klarinettist Mark Phillips, Saxofonist Drew Pitcher, Greg Hammontree an der Trompete und Matt Jung am Kontrabass die Idee geboren, Jazz und klassische Musik für jedes Alter zugänglich zu machen. Ihre Familienvorstellung ist für Fans ab acht Jahren geeignet.

Nicht für immer zu Hause

Zum Musikprogramm im Festspielhaus ist auch Helge Schneider geladen, der ebenfalls als Stummfilmbegleiter gearbeitet hatte, ehe ihm Anfang der 1990er-Jahre der Durchbruch gelang. Fast hätte sich der Titel der Single Forever at Home des Schauspielers, Regisseurs und Musikers bewahrheitet, doch nun holt er sein Konzert Die Wiederkehr des blaugrünen Smaragdkäfers, das sich zwischen absurdem Theater, Jazz und kritischer Auseinandersetzung mit der Welt verorten lässt, nach. Im Oktober kann man den Meister des Nonsens live erleben.

Im November finden sich zwei internationale Sängerinnen in St. Pölten ein, die auf ihrem Gebiet bereits jetzt als Legenden gelten: Die Jazzsängerin und dreifache Grammy-Gewinnerin Dee Dee Bridgewater widmet mit ihrem Album Memphis … Yes, I'm Ready ihrer Geburtsstadt eine musikalische Liebeserklärung und betritt damit auch neue Pfade zwischen R 'n' B und Soul.

Soulsville wird auch ihre Heimat genannt. Geboren wurde Bridgewater nur unweit von dem Studio, in dem sie nun ihr Album aufnahm, ihr Vater war als Trompetenspieler selbst Teil der Musikszene in Memphis, die sie bereits als junges Mädchen prägte. "Die Musik hat mich bewegt, mich inspiriert, mich voller Freude zum Tanzen und vor lauter Emotionen zum Weinen gebracht", so Bridgewater, die unter anderem The Thrill Is Gone von B. B. King oder Ann Peebles I Can’t Stand the Rain zu ihren eigenen Songs macht und dem Ursprung ihrer Musikkarriere ein Denkmal setzt.

Fado bis Pop

Fado heißt übersetzt Schicksal, und schicksalhaft war es wohl auch, dass die Sängerin Mariza, die ursprünglich aus dem Gospel und Jazz kommt, zu der portugiesischen Musikrichtung fand. Seit 2002 ist sie eine feste Größe des Genres, dem sie auch immer wieder Einflüsse aus Flamenco, Latin und afrikanischer Musik zuführt.

Vor 17 Jahren erschien das Debütalbum Fado Em Mim, 2020 veröffentlichte die gebürtige Mosambikanerin ein Album, das einer Fado-Pionierin und Marizas Inspirationsquelle huldigt: Amália Rodrigues. In ihrer Hommage interpretiert sie das Repertoire der Fadista neu.

Noch etwas gedulden muss man sich bis zum Konzert von Tori Amos. Auf ihren Alben hat die amerikanische Pop-Sängerin nicht nur verschiedene Musikstile vereint, sondern sich stets gesellschaftlich relevanten Themen gewidmet. Der 2011 erschienene Songzyklus Night of Hunters etwa ist eine Bearbeitung klassischer Kompositionen von Bach bis Debussy. Vier Lieder hat Amos dafür mit ihrer damals zehnjährigen Tochter aufgenommen.

Songs als Graphic Novels

Meist nur von einem Klavierflügel begleitet, singt die Künstlerin von ihrer eigenen Vergewaltigung genauso wie von den Terroranschlägen des 11. September. Sie schreibt nicht nur feministische Musicals, sondern auch Bestseller, ließ ihre Songs in Graphic Novels verwandeln, war eine der Ersten, die ihre Musik zum Download anbot, und Mitbegründerin die bis heute einzige US-weite kostenlose Notrufhotline für Vergewaltigungsopfer.

Das letzte Konzert von Hubert von Goisern war 2016. Seitdem hat der Alpenrocker seinen Roman flüchtig veröffentlicht und ein neues Album geschrieben. Zeiten & Zeichen hat von Goisern gemeinsam mit seiner Band und Gastmusikern im Frühjahr 2020 aufgenommen und dafür neben dem Studio auch Orte wie den Wald oder improvisierte Konzertsäle aufgesucht.

Erlebnisse, die er über die Jahrzehnte gesammelt hat, sowohl als Künstler als auch als Reisender, fließen hier mit ein. Er unternahm zum Beispiel Expeditionen nach Tibet und Afrika oder tourte auf einem Lastschiff. Auf seiner bevorstehenden Tour im April macht er auch in St. Pölten halt. (kst)

Mobile als Willkommensgruß

Eva Schlegels Installation "Extended Space"

St. Pölten – Wie durch Zauberhand bewegen sich große Spiegelflächen im Raum. Als reflektierender Paravent schweben sie zwanzig Meter hoch an Stahlseilen. Zum 25-Jahr-Jubiläum hat sich das Festspielhaus selbst ein Geschenk gemacht und die Künstlerin Eva Schlegel eingeladen, ihm eine dauerhafte Installation zu erschaffen. Gemeinsam mit Filmprojektionen, die sowohl auf die Fassade als auch auf die unterschiedlich großen Spiegelscheiben geworfen werden, will das Haus die Vielstimmigkeit in der Welt und der Kunst reflektieren.

Extended Space nennt Schlegel ihr riesiges Mobile. Es zeigt den Betrachtern nicht die eigenen Abbilder, sondern den Raum selbst. Luftdynamiken halten die Installation in Bewegung. So erzeugt sie ständig neue "Bilder der Wirklichkeit". Für das Festspielhaus bedeutet dieses Kunstwerk ein Überlebenszeichen und ein Plädoyer für die Kunstwelt insgesamt: Alles kann und soll aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet werden.

Durch seine Ähnlichkeit mit Schlegels Installation Floating Gates open world, das für die Empfangshalle der Cape-10-Stiftung für obdachlose Frauen entwickelt wurde, ist Extended Space auch ein Zeichen des Willkommenseins und eine Einladung, das Festspielhaus in seinem Jubiläumsjahr zu besuchen. (kst)

Beethovens Neunte führt diese Artisten zu Höchstleistungen.
Foto: Laura Manariti

Hier tanzen schöne Götterfunken

Fest mit dem Circa Contemporary Circus und der Compagnie Sylvain Émard Danse

St. Pölten – Wer vergangenen März begeistert von der Online-Aufführung Humans 2.0 des Circa Contemporary Circus auf der Festspielhaus-Webseite war, hat jetzt Grund zur Vorfreude. Nächsten Juni sind die Artisten in St. Pölten live zu sehen.

Zum festlichen Abschluss der jetzt beginnenden Spielzeit und der Intendanz von Brigitte Fürle kommen die Australier mit dem Tonkünstler-Orchester und österreichischen Chören zusammen. Unter dem Titel Beethoven 9 wird in rauschenden Klängen und Körperbildern eine Ode an die Freude zu hören und zu sehen sein.

Nicht weniger spektakulär ist der zweite Programmpunkt dieses Farewell-Fests: das Projekt Le Grand Continental des Choreografen Sylvain Émard aus Montréal. Émard, der etwa 2005 mit Robert Leage an Lorin Maazels Oper 1984 gearbeitet hat, vereint rund 150 Tanzfreudige in einem Gemeinschaftstanz.

Zuschauen kann man bei freiem Eintritt. Die Compagnie Sylvain Émard Danse ist seit 1990 aktiv und wurde schnell zu einem Hit. In Le Grand Continental mischen sich Tradition und Gegenwart, Kunst und Stadtfest zu einem Event, das seit der Premiere 2009 großen Zuspruch – etwa in New York, Boston oder Santiago de Chile – erhielt. (ploe, 17.9.2021)