"Zu einer ausverkauften Vorstellung – alles ist voll, alles ist eng – mischt sich jetzt ein komisches Gefühl", sagt Daniela Wandl, Leiterin der Bühne im Hof. Aber sie hofft auch auf positive Veränderungen.

Foto: Georg Wandl

Mit einem seufzenden "Alles!" antwortet Daniela Wandl auf die Frage, was sie am meisten am Theatererlebnis vermisst habe, und lacht dabei herzlich. Dass die künstlerische Leiterin der Bühne im Hof viel Spaß an ihrer Arbeit hat, merkt man sofort; auch die Ernüchterung darüber, dieser nun schon seit über einem Jahr nicht richtig nachgehen zu können.

Selbst sein 30-jähriges Bestehen musste das Kleinkunsttheater mitten im Lockdown feiern. Im Herbst 2020 konnte der Spielbetrieb für zwei Monate wieder aufgenommen werden. Birgit Denk feierte so ihr 20-jähriges Bühnenjubiläum gemeinsam mit dem Geburtstag der Bühne. "Die Leute hatten Tränen in den Augen", so Wandl.

Schon vor der Sommerpause habe man das Publikum "Blut lecken lassen". Vier Vorstellungen waren noch möglich, etwa das Konzert der Familie Lässig, die als "Verwandtschaft, die man sich aussuchen kann", angekündigt wurde. Als "emotional, ergreifend und echt" beschreibt Wandl diesen Abend und das Glück darüber, endlich wieder etwas erleben zu dürfen, "das immer zum Leben dazugehört hat".

Man riecht die Spannung

Das "Magische Dreieck" nennt sie die ebenso familiäre Verbindung von Kunstschaffenden, Team und Publikum an ihrem Theater: "Wir haben sehr viel kommuniziert mit Agenten und Künstlern und haben Post vom Publikum erhalten. Wir haben eine sehr treue Klientel."

Die Besonderheit des Live-Erlebnisses ist für sie die Aktivierung aller Sinnesorgane, und sie erinnert sich dabei an ihren Lieblingsmoment (und -geruch) im Theater: "Bei meiner ersten Vorstellung als künstlerische Leiterin habe ich ein paar Worte mitten im Publikum gesprochen. Es ist dieser Moment, diese halbe Minute, kurz bevor die Vorstellung losgeht. Die letzten Huster. Man riecht die Spannung mit allen Erwartungen, in der alle Sinne geschärft sind."

Trotzdem wird sich der Theaterbesuch verändern: "Zu einer ausverkauften Vorstellung – alles ist voll, alles ist eng – mischt sich jetzt ein komisches Gefühl. Ich denke, das wird uns noch begleiten."

Hoffnung und Frustration

Aber es gibt auch die Hoffnung auf eine positive Veränderung: "Dass man die Dinge wieder sehr schätzen lernt und anders konsumiert. Eine neue Wertschätzung, auch für die Seele des Künstlers, das würde ich schön finden." Ein Theater der Kleinkunstszene hatte es im Lockdown wohl besonders schwer. Anders als klassische Sprechtheater konnte hier die Zeit des Wartens nicht mit Proben und Vorbereiten von Eigenproduktionen verbracht werden. Die Bühne im Hof lebt davon, dass Gäste mit ihren fertigen Stücken, Musik- und Kabarettabenden kommen.

"Wir haben geplant und wieder abgesagt. Das war sehr frustrierend. Das Ziel der eigenen Arbeit – Vorstellungen auf die Bühne zu bringen – konnte nicht stattfinden. Wir haben dann die Programme von Künstlern, die regelmäßig bei uns auftreten, wie Ernst Molden, Omar Sarsam oder Lukas Resetarits, online zur Verfügung gestellt."

Dementsprechend schwierig war es, die kommende Saison vorzubereiten. "Wir haben vergangenes Jahr über 80 Vorstellungen abgesagt und verschoben. Unter den Künstlerinnen und Künstlern gibt es unterschiedliche Haltungen. Manche sind sehr vorsichtig, und es hat sich ein gewisser Planungsfrust eingestellt. Uns ist es wichtig, ein neues Programm zu schaffen und keine Kopie vom Vorjahr."

Schöner Start mit Urgestein

Ihre persönlichen Höhepunkte im Programm lässt Wandl sich nur schwer entlocken. "Ich habe keine Highlights, es gibt so viele spannende Sachen", lacht sie. Aber dann nennt sie doch etwa die Gruppe Sväng, die "Finnen mit der Mundharmonika", oder das Konzert der Tiger Lillies. Auch das Gemüseorchester und einen Besuch des Schuberttheaters unter der Regie von Nikolaus Habjan wird es geben.

Oder die neuen Programme der Stammgäste wie Gunkl, Alfred Dorfer oder Ohne Rolf. Drew Sarich kann man bei einem Weihnachtsabend einmal nicht als Musicalstar erleben. Auch die Schiene "Jung & Saugut", in der junge Künstler vorgestellt werden, nennt Wandl gern. Eröffnet wird die Saison am 23. September mit Lukas Resetarits und seinem Programm Das Letzte. "Ein schöner Start mit einem Urgestein", sagt Wandl. Trotz weiterer Unsicherheiten bleibt sie optimistisch.

Prognosen für den Herbst möchte sie nicht abgeben. Das neue Programm Bühne im Gespräch, in dem Alfred Dorfer regelmäßig mit Gästen aus den unterschiedlichsten Bereichen über den Stellenwert der Kultur spricht, wurde bereits in den Frühling verschoben. "Es bleibt spannend, und echt überraschen kann uns, glaube ich, ohnehin nichts mehr."

Kulturfreund Lothar Fiedler und Yutaka Sado in Hamburg.
Foto: Sigrid Zuser

Von den kunstreichen Reisen der Kulturfreunde

Französische Höhlenmalerei, Jelinek in Leipzig und die Tonkünstler in Hamburg

St. Pölten – Wie ist es zum Beispiel, ein Loch in einer Felsenkirche zu entdecken, durch das die Seelen entweichen sollen? Seit Jahren bieten die Freunde der Kultur in St. Pölten neben Veranstaltungen in der eigenen Stadt auch Kulturreisen an solche besonderen Orte an.

Ursprünglich auf den Spuren der Habsburger unterwegs, die man auf der ganzen Welt verfolgen kann, sind die Kulturreisen der vergangenen Jahre von diesem Pfad etwas abgewichen. Im Oktober 2018 etwa führte die Reise für zehn Tage lang von Bordeaux über Périgord nach Südfrankreich. Dort wurden etwa die eingangs erwähnte Felsenkirche oder auch die Höhle von Niaux, die für ihre gut erhaltenen 13.000 Jahre alten Felsenbilder berühmt ist, besucht.

Auch den Nachbau der Grotte von Lascaux konnte besichtigt werden. Die eigentliche Höhle ist ja seit 1963 für Besucher geschlossen, um sie als Weltkulturerbe unversehrt zu erhalten. Auch gemeinsame kulinarische Ausflüge wie eine Wein- und Austernverkostung standen auf dem Programm.

Standing Ovations fürs Orchester

Im folgenden Jahr besuchten die Kulturfreunde die Vorstellung von Elfriede Jelineks Am Königsweg unter der Regie von Nikolaus Habjan mit dem Ensemble des Niederösterreichischen Landestheaters bei deren Gastspiel im Schauspiel Leipzig. Neben dem Vorstellungsbesuch, der das dortige Euro-Scene-Festival eröffnete, wurde an drei Tagen durch die Stadt geführt, Einführungsgesprächen gelauscht, das Grassimuseum besucht und gemeinsam zu Abend gegessen.

Die Reisegruppen umfassen durchschnittlich 15 bis 25 Teilnehmer. Ausnahme: der Besuch des Tonkünstler-Orchesters unter Dirigent Yukata Sado 2019 in der Hamburger Elbphilharmonie. Beim Konzert von Mahlers fünfter Sinfonie waren über 100 Personen aus St. Pölten und Umgebung anwesend. Sie konnten "ihre" Tonkünstler aus dem Festspielhaus in einer anderen Umgebung hören. Für das in der Mitte des Saals sitzende Orchester gab es am Ende der Vorstellung Standing Ovations.

Pandemiebedingt musste die Kulturreise 2020 entfallen, auch ein Besuch der Kaiserdome in Deutschland dieses Jahr konnte nicht stattfinden. Nun hofft man auf die Reiselust im nächsten Jahr. (Katharina Stöger, 21.9.2021)