Mund auf und gurgeln! Oder spülen. Hängt ganz davon ab, ob der PCR-Test des Bundes oder jener aus Wien zum Einsatz kommt.

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In der ersten Schulwoche im Osten Österreichs sind in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland vorläufig 505 positive PCR-Tests registriert worden. In Wien waren 309 Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte positiv, hieß es zum STANDARD. Auf Niederösterreich entfielen 187, auf das Burgenland neun positive PCR-Tests.

Kurios dabei: Der Bund und Wien kommunizierten die Testergebnisse getrennt voneinander. Das Bildungsministerium veröffentlichte nur die Zahlen des "Alles spült"-Programms, das in allen Schulen in Niederösterreich und dem Burgenland sowie in den Wiener Volksschulen zum Einsatz kommt. "Alles gurgelt" wird hingegen ab der fünften Schulstufe in Wien eingesetzt. Bei "Alles spült", das über das Bildungsministerium abgewickelt wird, waren 0,1 Prozent der PCR-Tests positiv.

Von den Ergebnissen sind weit mehr als Tausend Kontaktpersonen in Schulen betroffen, die in Quarantäne müssen. In Wien gab es 125 teilgeschlossene Schulen, hieß es zum STANDARD. Das bedeutet, dass mindestens eine Klasse oder Gruppe am Standort geschlossen werden musste. Drei Sperren wurden mittlerweile wieder aufgehoben. Insgesamt gibt es etwa 11.000 Schulklassen in Wien.

Faßmann für kürzere Quarantänedauer

Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) spricht sich für eine mögliche Verkürzung der Quarantänezeit für Schüler aus, die aufgrund der Infektion eines Klassenkollegen daheimbleiben müssen. Derzeit können sie sich nach zehn Tagen per PCR-Test "freitesten", künftig soll das bereits nach fünf Tagen möglich sein, schreibt die "Presse". Diesen Wunsch bestätigte Faßmann auch in der "ZiB2" am Freitagabend. Für die Quarantäneregelung ist das Bildungsministerium allerdings nicht zuständig.

Außerdem sollten laut Faßmann künftig nicht mehr alle Schüler in Quarantäne geschickt werden, wenn ein Klassenkollege positiv getestet wurde. Das ist zwar schon jetzt nicht immer der Fall, manchmal müssen auch nur die Sitznachbarn bzw. die Reihe davor und dahinter daheimbleiben. In jedem Einzelfall entscheidet aber die Gesundheitsbehörde. Ab dem zweiten Fall in einer Klasse würden nach den Vorstellungen Faßmanns nur die ungeimpften Schüler in Quarantäne kommen, in Volksschulen alle Kinder wie geimpfte behandelt werden.

Schulbeginn und schon wieder daheim

Egal wo der STANDARD am Freitagvormittag angerufen hat, die Schulleitungen in Wien waren am Rotieren. Weil sie in der Warteschleife der Gesundheitshotline hingen, weil empörte Eltern ihrem Ärger freien Lauf ließen. Weil die Kinder zwar in Quarantäne, die dazugehörigen Schreiben der Gesundheitsbehörde aber noch nicht an die Familien ergangen sind. Jede der kontaktierten Schulen hatte bereits mehrere Klassensperren aktiv.

Wienweit wurden von Montag bis Mittwoch 309 bestätigte positive Testproben abgegeben. Das sagte ein Sprecher von Stadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) auf STANDARD-Anfrage. Von den 309 positiven Tests entfielen 270 auf Schülerinnen und Schüler sowie 39 auf Pädagoginnen und Pädagogen. Weitere 54 positive Tests gab es in den Kindergärten – darunter 19 Kinder sowie 45 Pädagoginnen und Unterstützungskräfte.

Wobei dazugesagt werden muss: Der überwiegende Großteil der positiv Getesteten kann sich aufgrund der Inkubationszeit gar nicht in den Schulen oder im Kindergärten angesteckt haben. Zahlen darüber liefert erst der nächste Test-Durchgang in der kommenden Woche.

23 teilgeschlossene Kindergärten

Von diesen Testergebnissen in den Bildungseinrichtungen könnten hunderte, wenn nicht mehr als tausend Kontaktpersonen betroffen sein, die in Quarantäne müssen. Neben den bereits erwähnten 125 teilgeschlossenen Schulen in Wien mussten im Kindergartenbereich 23 Einrichtungen aufgrund positiver Tests teilgeschlossen werden, zwei davon mussten komplett zusperren. Wegen eines einzigen positiv getesteten Zivildieners in einem Hort in Wien-Hernals wurden etwa 47 Hortkinder in Quarantäne geschickt.

Problematisch für betroffene Eltern ist zudem, dass es den Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit, der im Juli ausgelaufen ist, erst mit 1. Oktober wieder gibt. Wiederkehr fordert den Bund auf, dass diese Regelung früher in Kraft treten müsse.

Nicht alle positiven Tests in Schulen und Kindergärten sind bisher auch bestätigt: Zum Schulstart am Montag gab es in Wien 80 positive Antigentests. 50 davon blieben auch mit PCR-Testmethode positiv. Hinzu kommen 84 positive PCR-Tests aus den Wiener Volksschulen, die ebenfalls beim "Alles spült"-Programm des Bundes mitmachen, plus 187 positive PCR-Tests aus Niederösterreich und neun aus dem Burgenland.

Probleme bei Testabholung

In einigen Schulen in Wien, aber auch in Niederösterreich gab es erhebliche Probleme bei der Abholung dieser PCR-Tests. So blieben Säcke mit den abgegebenen Tests liegen und wurden – wenn überhaupt – erst verspätet abgeholt. An anderen Schulen fehlten Testergebnisse. Bei der Bildungsdirektion Wien wird bestätigt, dass es bei zehn Schulen im Rahmen des "Alles-spült" -Programms Probleme gegeben hat. "Das sollte wieder funktionieren." Bei "Alles gurgelt" habe es in einigen wenigen Fällen Notfallabholungen noch am gleichen Tag gegeben.

"Wenn ich das gewusst hätte, wäre ich am Montag nicht so gut gelaunt in die Schule gekommen", seufzt eine Direktorin über die abrupte Unterbrechung des gerade erst angelaufenen Schuljahres.

Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) sprach am Freitagabend in der "ZiB2" unter anderem über den Schulstart.
ORF

Dass einzelne Lehrer über Probleme mit den PCR-Tests in den Schulen klagen, kommentierte Faßmann in der "ZiB2" recht gelassen. Man sei auf einem guten Weg, aufgetretene Probleme (etwa mit der Internetverbindung der Schüler) seien Anlaufschwierigkeiten. Aber das ambitionierte Testprogramm sei sinnvoll, sei das große Ziel doch, dass der Präsenzunterricht in Schulen möglich bleibt. Von Überlegungen, die PCR-Tests außerhalb der Schule durchführen zu lassen, hält Faßmann wenig: "Wir können nicht die gesamte Testverantwortung den Eltern übertragen, die Schule muss da Verantwortung wahrnehmen."

Stufenplan

Zwei Wochen lang läuft der Betrieb noch unter dem Titel "Sicherheitsphase", danach sollten laut Faßmann je nach Covid-Situation vor Ort unterschiedliche Regeln greifen. Was sich abzeichnet: Bei Stufe eins, also geringes Risiko, wird kaum jemand starten. Laut Ampelkommission, die zur Bewertung der Risikolage neben den Infektionszahlen auch die Zahl der Tests, die Aufklärungsrate, die Symptomatik und Dynamik des Infektionsgeschehens miteinbezieht, wären nur noch Kärnten und Salzburg im Bereich des geringen Risikos (risikoadjustierte Inzidenz kleiner 100). Alle anderen haben schon jetzt Inzidenzen im mittleren Risikobereich (101–200), die an den Schulen zu schärferen Maßnahmen führen. Heißt: Wer nicht geimpft oder genesen ist, muss verpflichtend weitertesten. Am Gang bleibt die Maskenpflicht für alle bestehen.

Es gibt auch noch Ausreißer nach oben: Salzburg kratzt mit einer Inzidenz von 188 am hohen Risiko, Wien (173) und Oberösterreich (162) stehen knapp davor. Für die Schulen bedeutet das: Unterrichtsangebote von Externen entfallen, Konferenzen und Sprechtage finden nur noch online statt. Ab der fünften Schulstufe bleibt die Maske auch in der Klasse drauf.

Diffiziles Contact-Tracing

Zurück zur Ist-Situation: Im Büro des Wiener Gesundheitsstadtrats Peter Hacker (SPÖ) erklärt man auf Nachfrage, dass die Contact-Tracer bei einem positiven Corona-Fall mit den Verantwortlichen am Schulstandort die näheren Begleitumstände recherchieren. Es gelte zu klären, in welchem Setting eine mögliche weitere Infektion statt gefunden haben könnte. Handelt es sich beim Indexfall um eine geimpfte Person? Welche Viruslast war vorhanden? Wer war der Person besonders nahe? Drinnen oder draußen? Wer hatte eine Maske auf? Wer ist geimpft? Es sei nicht sinnvoll, hier nach einem Automatismus vorzugehen, heißt es aus dem Stadtratsbüro. (Karin Riss, David Krutzler, APA, red, 10.9.2021)