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Bei der Nutzung von S-Bahn und Regionalzügen hat die Ostregion bereits klein beigegeben, beim Klimaticket selbst spießt es sich noch beim Geld.

Foto: Reuters / Leonhard Foeger

Für den Verkehrsverbund-Ostregion (VOR) wird das Klimaticket zunehmend zur Zerreißprobe. Die drei Bundesländer sind im Bummelzug unterwegs und quasi eine Schicksalsgemeinschaft für mehr als die Hälfte aller Pendlerinnen und Pendler in Österreich.

Weil sie im Ringen mit dem Bund um die Abgeltung der zu erwartenden Einnahmenverluste noch nicht einig sind, steigt der Druck, zumindest ab Winterfahrplan mit 12. Dezember ihr inzwischen weit gediehenes 1-2-3-4-Ticket auszuspielen. Ein Start am 26. Oktober ist dennoch illusorisch. Weder lägen Rohlinge der Plastikkarte vor noch ein Interface zum neuen Ticketshop von One Mobility noch das Design der Fahrkarten. Die Devise in Niederösterreich, wonach kein Ticket teurer werde, macht es kompliziert. Im Wiener Speckgürtel von Korneuburg bis Vösendorf braucht es deshalb weiterhin die Streckenkarten, alles andere wäre teurer. Einfacher, wie vom Rechnungshof gefordert, wird das Ticketsystem also nicht überall.

Reichlich Rabatt

Insbesondere die Verhandlungen mit Wien seien bisher nur sehr schleppend verlaufen, heißt es in der Szene. Das mag einerseits daran liegen, dass man im Verkehrsministerium lange Zeit der Ansicht war, der Gemeinde Wien stehe keinerlei Abgeltung zu, weil es längst eine Netzkarte um 365 Euro gibt. Diese These ist angesichts der zu erwartenden Abwanderung von Fahrgästen ins bundesweite Klimaticket für ganz Österreich um 1095 Euro wohl nicht zu halten. Denn eine Jahreskarte von Wiener Neustadt nach Wien (inklusive Kernzone) kostet aktuell 1548 Euro, das Klimaticket um 1095 Euro ist also um schlanke 453 Euro billiger. Bei Buchung bis 26. Oktober spart man noch einmal. Denn das "Klimaticket-now" kostet nur 949 Euro pro Jahr, der Rabatt steigt somit auf 599 Euro.

Überbrückung bis Dezember?

Im Lichte der sich abzeichnenden Migration von Kunden ins österreichweite Klimaticket – geschätzte 80.000 Kunden könnten das allein im VOR sein – zieht man in Niederösterreich offenbar eine Art Überbrückungslösung ins Kalkül. Um die Abonnenten bei der Stange zu halten, wird überlegt, bestehende Strecken- und Netzkarten als Klimaticket zu akzeptieren, ehe die Kunden am 12. Dezember ins Klimaticket migrieren. Wer bis dahin zu viel gezahlt hat, bekäme die Differenz zurück beziehungsweise gutgeschrieben, skizziert ein Involvierter den von Pragmatismus geprägten Plan.

Wie groß der Ansturm an zusätzlichen Fahrgästen am 26. Oktober wird, bleibt abzuwarten. Homeoffice könnte das Interesse bremsen.
Foto: APA / Helmut Fohringer

Eine solche Aktion würde den Bestandskunden die Buchung des neuen Klimatickets fürs Erste ersparen. Das Problem dabei: Ohne Wien und Burgenland an Bord wäre der Schnellschuss nur eine halbgare Lösung, denn akzeptieren müssen diese Übergangstickets die Wiener Linien. Den Druck auf "die Bremser in Wien", endlich hart mit dem Verkehrsministerium zu verhandeln, erhöht freilich allein das Ansinnen, Niederösterreich könnte aus dem VOR ausscheren, beträchtlich. Weiterverhandelt wird nächste Woche.

Mehr als 365 Euro für Wien

Zusätzlich erschwert wird eine Einigung zwischen Wien und Bund durch eine weitere Besonderheit: Die Bundeshauptstadt, die seit bald zehn Jahren ein 365-Euro-Ticket auf dem Markt hat, will dem Vernehmen nach nicht nur den von den Klimaticket-Flüchtlingen verursachten Einnahmenentfall abgegolten sehen, sondern auch die inflationsbedingt ständig steigenden Zuzahlungen, die das Rathaus zu tragen hat, weil man sich den Preis der Netzkarte nicht zu erhöhen getraut. Das bestätigt man im Büro des für die Stadtwerke zuständigen Finanzstadtrats Peter Hanke (SPÖ) nicht. Es gebe laufend Termine, man sei mit den VOR-Partnern in gutem Einvernehmen, betonte eine Sprecherin.

Der Umschwung

In Eisenstadt will man die Übergangslösung nicht kommentieren. Niederösterreich habe sich bewegt, beschreibt ein Auskenner die neue Dynamik. Man könnte auch sagen: gedreht. Nächste Woche werde wieder verhandelt, und am Burgenland werde es sicher nicht scheitern – obwohl um die Finanzierung des Ausbaus von zusätzlichen Verkehrsverbindungen gerungen wird. Mit der Steiermark-Netzkarte um 588 Euro sei vom 1-2-3-Ticket ohnehin kaum etwas übrig, das sei längst ein "Kraut-und-Rüben-Ticket". Einzig Wien und Vorarlberg gibt es die Öffikarte um einen Euro pro Tag, die zwei Euro pro Bundesland nirgends.

Niederösterreich, Wien und Burgenland planen in vier Stufen: 365 Euro für Wien, 550 Euro für Niederösterreich und Burgenland, 900 Euro für alle drei und obendrauf ganz Österreich um 1095 Euro. (Luise Ungerboeck, 10.9.2021)