"Wir wollen keinen Linksrutsch in Deutschland, wir werden den Linken zeigen, dass wir noch nicht aufgegeben haben", sagte CSU-Chef Markus Söder.

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Dem politischen Gegner räumt die CSU auf ihren Parteitagen zumindest optisch nicht so viel Platz ein. Doch diesmal, zwei Wochen vor der Bundestagswahl, ist alles anders.

"Linksbündnis stoppen", heißt es in großen Buchstaben auf der Bühne. Zu sehen sind dazu – im Stile sowjetischer Propagandaplakate – SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz, Grünen-Chefin Annalena Baerbock und Linken-Vorsitzende Susanne Hennig-Wellsow.

"Es ist ein besonderer Parteitag in besonderen Zeiten", sagt CSU-Generalsekretär Markus Blume zur Eröffnung. Und er kündigt an: "Unser Parteitag ist politische Power plus. Mit uns ist zu rechnen, wir werden kämpfen."

14 Tage sind es noch bis zur Wahl, doch es läuft nach wie vor schlecht für den Unions-Kanzlerkandidaten Armin Laschet. Zwar weist die Union in einer Umfrage des Instituts Yougov nun wieder 21 Prozent auf, die SPD liegt aber mit 26 Prozent immer noch deutlich auf Platz eins.

Räumung im Hambacher Forst

Laschet wird zudem von seiner Vergangenheit in Nordrhein-Westfalen eingeholt. Das Kölner Verwaltungsgericht hat diese Woche geurteilt, dass die Räumung des Hambacher Forsts im Jahr 2018 rechtswidrig war. Die von Ministerpräsident Laschet angeführte Landesregierung habe unter vorgeschobenen Gründen gehandelt.

Denn die Aktion habe letztendlich der Entfernung von Braunkohlegegnern aus dem Forst gedient. Diese hatten Bäume besetzt, um die Rodung des Forsts am Rande eines Braunkohleabbaus zu verhindern.

Nicht nur das, auch ein Blick auf die Umfragen in Bayern machen die CSU nervös. Denn auch der CSU geht es nicht gut. Wäre jetzt Wahltag, käme sie im "Bayern-Trend" des Bayerischen Rundfunks nur noch auf 28 Prozent. Das ist ein Verlust von acht Prozentpunkten im Vergleich zum Juli. Und es wären zehn Prozentpunkte weniger als bei der Wahl 2017.

Dass dies allein der schlechten Performance des Kanzlerkandidaten zuzuschreiben ist, darf bezweifelt werden. Viele frühere CSU-Anhängerinnen und -Anhänger haben Söders vor einiger Zeit entdeckte Liebe zum Umweltschutz nicht verdaut. Auch seine harte Corona-Politik kam in Bayern nicht überall gut an.

Söderscher Appell

In der CSU jedoch will man die Schuld für die schlechten Umfragewerte vor allem bei Laschet sehen. Eigentlich hatte die CSU ja hoch und heilig versprochen, Laschet zu unterstützen, auch wenn sie lieber CSU-Chef Markus Söder als Kanzlerkandidaten gehabt hätte. Söder selbst wies in den vergangenen Wochen immer wieder darauf hin, dass man sich noch mehr anstrengen müsse.

Kurz vor dem Parteitag, in einem Interview mit dem Spiegel, hatte sich CSU-Generalsekretär Blume aber dann nicht mehr zurückgehalten und gelästert: "Natürlich stünden wir mit Markus Söder besser da. Die ungebrochen hohen Zustimmungswerte für Markus Söder zeigen, welches Potenzial wir als Union eigentlich haben."

Es war ein gezielter Hieb eines Politprofis gegen Laschet, auch wenn Blume hernach versicherte, es sei ja gar nicht so gemeint gewesen. Auf dem Parteitag wirbt Blume dann um Geschlossenheit und sagt: "Wir müssen jetzt zusammenstehen und uns unterhaken."

Alles zu geben und zu kämpfen – das ist auch der Tenor, den CSU-Chef Söder in seiner Rede vorgibt. "Es droht ein politischer Erdrutsch", warnt er. Zum ersten Mal könnte eine Regierung, an der die Linke beteiligt ist, an die Macht kommen. "Wir wollen keinen Linksrutsch in Deutschland, wir wollen Armin Laschet als Kanzler haben statt Olaf Scholz oder Annalena Baerbock", ruft er, und der Applaus bei diesem ersten Präsenzparteitag seit 2019 ist ihm gewiss.

Söder redet sich in Fahrt und beschwört die Delegierten: "Wir werden den Linken zeigen, dass wir noch nicht aufgegeben haben. Lasst uns zeigen, dass wir es noch können!"

Eindringlich warnt er vor der Linkspartei: "Die Linke ist die offizielle Nachfolgepartei der SED. Sie hat nie gebrochen mit dieser Organisation". Man wolle keine "linke Umerziehung", sondern "bürgerliche Freiheit".

"Wir wählen die Freiheit", sagt er dann und verwendet damit ein legendäres Zitat des ersten deutschen Bundeskanzlers Konrad Adenauer (CDU).

Schlechte Prognosen

Die schlechten Umfragewerte kann auch Söder nicht vom Tisch wischen. Aber er ist überzeugt, dass in den letzten zwei Wochen vor der Wahl die Trendwende gelingen kann. "An diesem Wochenende wird Geschichte geschrieben", sagt der CSU-Chef.

Zunächst werde vom Parteitag in Nürnberg ein starkes Signal ausgehen. Am Samstag wird dort Laschet persönlich erwartet. Er hält in Söders Heimatstadt eine Rede vor den Delegierten.

Zudem setzt Söder stark auf das TV-Ereignis am Sonntagabend. Da treffen Laschet, Scholz und Baerbock zum zweiten Triell aufeinander. Beim ersten hat Laschet durch starke Angriffslust auf sich aufmerksam gemacht. Als Sieger ging aber, laut einer Forsa-Umfrage, Scholz hervor. Nun hoffen CDU und CSU, dass Laschet am Sonntag noch durch einen besseren Auftritt Boden gutmachen kann. In Nürnberg stand zumindest am Freitag mal eine Wahl an: Söder wurde mit 87,6 Prozent zum CSU-Parteichef wiedergewählt. (Birgit Baumann, 10.9.2021)