Najib Mikati, designierter Premierminister.

Foto: Imago/Marwan Bou Haidar

Wer die Zustände im Libanon einordnen will, kann sich an die Beschreibung der Weltbank halten: Sie spricht von "einer der weltweit schwersten Wirtschaftskrisen seit dem Jahr 1850". Der Libanon stirbt still vor sich hin. Erst die Explosion im Hafen von Beirut im August 2020 warf ein grelles Schlaglicht darauf, was in diesem Land alles schiefläuft. Denn es handelte sich nicht einfach nur um ein "Unglück", sondern ein kolossales politisches Versagen.

13 Monate und drei designierte Ministerpräsidenten hat es danach gebraucht, um die nach der Explosionskatastrophe zurückgetretene Regierung zu ersetzen. Diesmal sollte es ein echtes Expertenkabinett sein. Das sieht im Libanon so aus, dass alle 24 Regierungsmitglieder – darunter übrigens eine Frau, und wir sind in Beirut und nicht in Kabul – als Technokraten gelten können, aber alle von genau jenen Parteien entweder nominiert oder unterstützt sind, die den Libanon in den Zustand gebracht haben, in dem er heute ist.

Dass es diese Regierung überhaupt gibt, ist dennoch eine gute Nachricht. Über den Milliardär Najib Mikati, der bei ihrer Vorstellung fast in Tränen ausbrach, kann man vieles sagen, aber er ist ein politisch erfahrener Fuchs, der die verfeindeten Lager weniger polarisiert als seine gescheiterten Vorgänger. Wenn sie ihn agieren lassen, kann er vielleicht zumindest die allerwichtigsten Schritte setzen, die den internationalen Institutionen überhaut erst ermöglichen, dem Libanon zu helfen. (12.9.2021)