Und wieder haben sich zahlreiche heimische Bauern vom Acker gemacht: Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe ging seit 2016 um 3,9 Prozent zurück, seit 2010 warfen zehn Prozent das Handtuch. 155.754 halten laut aktuellem "Grünen Bericht" des Landwirtschaftministeriums die Stellung.

Optimistisch interpretiert heißt das, dass sich seit 1995 – seit es EU-Förderungen gibt – der Strukturwandel zumindest nicht dramatisch beschleunigt. Damals wurden noch 239.000 Höfe bewirtschaftet. Seither geben jedes Jahr zahlreiche Bauern auf, aber in den zehn Jahren vor dem EU-Beitritt hatten noch mehr Bauern der Landwirtschaft den Rücken gekehrt.

Was die Zahlen auch zeigen: Landwirtschaft bleibt ein beinhartes Geschäft – daran ändern auch die Millionen Euro aus den reich gefüllten Fördertöpfen der EU und Österreichs nichts, die das Auskommen sichern sollen. Die Jahreseinkommen beliefen sich 2020 im Schnitt auf 28.368 Euro – ein Miniplus von 1,4 Prozent pro Betrieb und Jahr. Bei Nichtbergbauern kam mit 35.110 Euro (+4,7 Prozent) mehr davon an. Bei Bergbauern schrumpfte es um 3, 7 Prozent auf 21.827 Euro.

Landwirte fühlen sich mächtig unter Druck. Die Einkommen vieler Betriebe sind überschaubar, die Anforderungen wachsen.
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Die Corona-Krise habe die landwirtschaftlichen Betriebe hart getroffen, "durch die Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung konnte die Einkommenssituation stabil gehalten werden", lobt Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) die Politik. Nun will sie im nationalen Strategieplan für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) einen "starken Fokus"auf Bergbauern legen.

Bei NGOs hingegen schrillen – betreffend den GAP-Strategieplan – die Alarmglocken. Der im Juni von den 27 EU-Staaten fixierte Rahmen der EU-Agrarpolitik muss von den Ländern im nationalen Strategieplan mit Leben gefüllt werden. Derzeit werde er mit den Bundesländern und dem Koalitionspartner erarbeitet, heißt es aus dem Ministerium. Doch was wird darin genau fixiert?

Sorge um nationale Ziele

Wenn man das nur wüsste, beklagt Global 2000. Die NGO hält den auf EU-Ebene erzielten Kompromiss schlicht für "katastrophal für die Biodiversität, aber auch für die kleinen Bauern", wie Landwirtschaftsexpertin Brigitte Reisenberger und Christof Kuhn von Birdlife Österreich es in einem Hintergrundgespräch formulieren. Auf EU-Ebene sei der Zug abgefahren, räumen sei ein. Nun sei es dringend geboten, die nationalen Spielräume im Sinne des Green Deals der EU zu nutzen.

Reisenberger und Kuhn haben die Sorge, dass ihre im Vorfeld eingebrachten Vorschläge unberücksichtigt bleiben. Zudem befürchten sie, dass Österreich die nationalen Ziele sehr niedrig stecken könnte. Es herrsche "große Geheimnistuerei", sagt Birdlife-Mann Kuhn. Die Maßnahmen kenne man, aber nicht wie viele Millionen wohin fließen sollen. Es geht bekanntlich um viel Geld. In der nächsten Finanzplanung sind 387 Milliarden Euro im EU-Haushalt für Agrar und ländliche Entwicklung vorgesehen.

Künftig muss ein Teil der Direktzahlungen an Umweltleistungen geknüpft sein. In Österreich bedeutet das die Überarbeitung des Österreichischen Programms für umweltgerechte Landwirtschaft (ÖPUL).
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Rund zwei Milliarden fließen jährlich in die heimische Landwirtschaft. Die neuen Regeln sollen 2023 in Kraft treten. Danach müssen die Mitgliedstaaten 2023 und 2024 dafür sorgen, dass mindestens 20 Prozent der Direktzahlungen an Landwirte in umwelterhaltende Maßnahmen investiert werden. In Österreich bedeutet das die Überarbeitung des Österreichischen Programms für umweltgerechte Landwirtschaft (ÖPUL). Für heftige Dispute hatte auch die lange geforderte Umverteilung von großen Agrarkonzernen und Landwirtschaften zu kleineren Betrieben gesorgt.

Man wisse nicht, wie Österreich die vorgesehene Umverteilung bewerkstelligen wolle oder wie hoch die Dotierung für einzelne Landwirte für brachliegende Flächen sein könnte oder wie diesbezüglich überhaupt die Zielsetzung sei, sagt BirdLife-Mann Kuhn. Das sei aber wichtig für die Biodiversität.

Biobauern besorgt

Auch der größte heimische Bioverband, Bio Austria, schlug dieser Tage Alarm: "Für das neue ÖPUL ab 2023 sei nach den derzeitigen Plänen des Ministeriums eine Abschaffung der Bio-Maßnahme vorgesehen, warnte die Obfrau Gertraud Grabmann. Derzeit gibt es eine eigene Bio-Maßnahme, in Zukunft sei jedoch ein Modulssystem angedacht, wo "Bio in der Form" nicht mehr vorkomme.. Das sei "alles andere als dazu geeignet" die heimische Bio-Landwirtschaft zu fördern, so Grabmann.

Bei Global 2000 findet man, dass grundsätzlich eine inhaltliche Auseinandersetzung über die nationale Ausgestaltung der GAP-Reform stattfinden müsse, dazu müssten aber die Entwürfe offen gelegt werden, fordert Brigitte Reisenberger.

Auch die Almwirtschaft ist ein hartes Geschäft. Die Einkommen der Betriebe sind zuletzt geschrumpft.
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Was die vom Landwirtschaftsministerium erwähnte Zusammenarbeit mit dem Koalitionspartner betrifft, so braucht es die Grünen für den Strategieplan, den die Regierung noch heuer nach Brüssel schicken soll, nicht. Wofür es die Grünen aber braucht, ist das GAP-Grundsätzegesetz, das noch heuer im Parlament beschlossen werden muss. Dem Vernehmen nach soll es eher allgemein formuliert werden, ähnlich einem Staatsziel. Die Grünen sollen sich damit nicht zufriedengeben. Auch sie wünschen sich konkrete Ziele – zum Beispiel um wie viel der Methanausstoß sinken soll –, ähnlich wie beim Klimaschutzgesetz. Die Landwirtschaftssprecherin der Grünen, Olga Voglauer, sagt, die Grünen wollen die Ziele des Green Deals verankert haben, es liege derzeit aber noch nichts auf dem Tisch.

Zeitplan könnte wackeln

Insidern zufolge, könnte der Zeitplan, demzufolge die Landwirte die Förderungen nach dem neuen Regime ab 2023 beantragen können, wackeln. Die Kommission dürfte Hinweise haben, dass er nicht einzuhalten ist. Für die Betriebe wäre dies wohl eine unerfreuliche Nachricht. Denn manche von ihnen brauchen Jahre, um umzusteuern – etwa in der Viehwirtschaft. Wenn sie aber nicht wissen, ob und wofür es welche Förderungen gibt, ist die Planungssicherheit bedroht.

Zeno Piatti, Biobauer aus dem Weinviertel und Vertreter der Ackerbauern im Osten, ist aber ohnehin pessimistisch, was die gesamte GAP betrifft. Er ortet beim Ergebnis des Trilog viel Symbolpolitik. Dabei gäbe es mit den Klimaschutzerfordernissen derzeit wirklich massiven Handlungsbedarf. "Der Schlüssel zu vielen Problemen ist aber die Wirtschaftlichkeit", sagt Piatti. Man müsse als Allererstes über vernünftige Preise für die Erzeugnisse reden, "dann kann man auch mit Forderungen an die Landwirte herantreten". Eine Umverteilung von den großen Betrieben auf die vielen Kleinen hierzulande etwa würde wohl den Kleinen nicht mehr als 1500 bis 1000 Euro jährlich bringen: "Das wird keinen Bauern dazu bewegen, nicht aufzuhören." Piatti befürchtet, dass der Anteil der Betriebe, die 2027 ausschließlich von der Landwirtschaft leben können, weiter schrumpft. (Regina Bruckner, 13.9.2021)