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Ein Propagandabild, zur Verfügung gestellt von Nordkorea.

Foto: AP

Seoul/Pjöngjang – Die selbst erklärte Atommacht Nordkorea hat eigenen Angaben zufolge bei ihrer Entwicklung strategisch wichtiger Waffensysteme weitere Fortschritte erzielt. Am Wochenende habe die Akademie für Verteidigungswissenschaft erfolgreich zwei neuartige Marschflugkörper von "großer Reichweite" getestet, die ihre Ziele in 1.500 Kilometer Entfernung im Meer getroffen hätten, berichteten die Staatsmedien am Montag. Es handle sich um eine "strategische Waffe von großer Bedeutung".

Südkorea untersucht

Nordkorea deutete damit laut Experten an, dass der neue Lenkflugkörper auch Atomsprengköpfe befördern soll. Südkorea bestätigte die Tests des Nachbarlands, das wegen seines Atomwaffenprogramms weitgehend isoliert ist, zunächst nicht. Der südkoreanische Generalstab teilte mit, die Angaben würden in Zusammenarbeit mit den USA untersucht.

Das US-Indo-Pazifik-Kommando erklärte, die Situation werde in enger Abstimmung mit den Alliierten beobachtet. Diese jüngste Aktivität mache jedoch deutlich, dass Nordkorea sich weiter auf "die Entwicklung seines Militärprogramms konzentriert". Auch zeige sie die "Bedrohungen für seine Nachbarn und die internationale Gemeinschaft".

Uno-Resolutionen verbieten Nordkorea den Test von ballistischen Raketen, die je nach Bauart auch atomare Sprengköpfe tragen können. Tests von Marschflugkörpern hingegen unterliegen nicht den Sanktionen gegen das Land. Anders als ballistische Raketen verfügen Marschflugkörper über einen permanenten eigenen Antrieb.

Es sei nicht der erste Test eines Marschflugkörpers (Cruise Missile) durch Nordkorea, schrieb der Experte Ankit Panda auf Twitter. "Doch ist es Nordkoreas erste Langstrecken-Cruise-Missile (1.000 km) und die erste behauptete nuklearfähige Cruise Missile." Das Land selbst habe zwar nicht explizit von atomwaffenfähiger Cruise Missile gesprochen, doch "Analysten wissen, was Nordkorea meint, wenn es 'strategisch' sagt". Raketen, die Gefechtsköpfe über Entfernungen von 1.000 bis 2.700 Kilometer ins Ziel tragen können, werden in der Regel als Mittelstreckenraketen bezeichnet.

Japan besorgt

Japan äußerte sich besorgt – auch deshalb, weil der mutmaßlich neue Typ von Marschflugkörpern japanisches Territorium erreichen könnte. Nordkoreas Verhalten "gefährdet den Frieden und die Sicherheit in der Region", sagte Regierungssprecher Katsunobu Kato in Tokio. China rief alle Seiten zur Zurückhaltung auf. Die Regierung sei davon überzeugt, dass die Probleme durch Konsultationen gelöst werden sollten, sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Peking.

Getestet wurde der neue Typ den Berichten aus Nordkorea zufolge am Samstag und Sonntag. Die staatlichen Medien veröffentlichten dazu Fotos, die ein Geschoß zeigen, das von einem Raketenstartfahrzeug abgefeuert wird, sowie von einem im Flug befindlichen Flugkörper mit Tragflächen.

Die Lenkflugkörper seien 7.580 Sekunden (rund zwei Stunden und sechs Minuten) lang auf einer ovalen Flugbahn über dem Festland und den Gewässern in Nordkorea geflogen. Der Typ sei in zweijähriger Entwicklungsarbeit entstanden. Die Entwicklung sei "von strategischer Bedeutung für den Besitz eines weiteren effektiven Abschreckungsmittels, um zuverlässiger die Sicherheit des Staats zu garantieren und die Militärmanöver feindseliger Kräfte gegen die Volksrepublik in Schach zu halten", hieß es.

USA vs. Nordkorea

Pjöngjang wirft vor allem den USA eine feindselige Politik vor. Wie schon einige Monate zuvor erfolgten auch die jüngsten Waffentests nach gemeinsamen Militärübungen der Streitkräfte der USA und Südkoreas. Die gemeinsame Kommandoübung wurde nach neun Tagen am 26. August beendet. Im März hatte Nordkorea ebenfalls Marschflugkörper nach einer solchen Kommandoübung in Südkorea unternommen. Wenige Tage später folgte zudem ein Test mit ballistischen Kurzstreckenraketen.

Pjöngjang treibt seit Jahren die Entwicklung von Raketen voran, die nicht nur Südkorea und Japan treffen, sondern im Fall von Langstreckenraketen auch Atomsprengköpfe bis in die USA tragen können. Es ist deswegen harten internationalen Sanktionen unterworfen, die auch die wirtschaftliche Entwicklung des Landes hemmen.

Die Verhandlungen der USA mit Nordkorea über sein Atomprogramm kommen schon seit gut zweieinhalb Jahren nicht mehr voran. Im Februar 2019 war ein Gipfeltreffen des früheren US-Präsidenten Donald Trump mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un in Vietnam gescheitert. (APA, 13.9.2021)