Toyota und Mercedes haben mehr gemeinsam, als man annehmen möchte, zumindest in diesem Fall: Camry und C-Klasse. Geräumige Limousinen, bestens auch als Taxi geeignet.

Der Camry ist, man glaubt es kaum, ein extrem erfolgreiches Modell, wenn auch nicht hierzulande. Weltweit entscheiden sich jährlich 700.000 Kunden für die Limousine aus Japan, lediglich in Europa gab es immer Schwierigkeiten mit den Verkaufszahlen. Auch vom neuen 2021er-Modell, das in Europa ausschließlich als Hybrid verfügbar ist, sieht man nicht allzu viele Exemplare auf der Straße, der Camry ist bei uns eher ein Exote.

Toyota...
Foto: Völker

Womit ihm ein wenig unrecht getan wird, denn er offenbart im Test keine offensichtlichen Schwächen. Was am ehesten auffällt: Das stufenlose Planetengetriebe (sehr angenehm) lässt den Benziner mit recht hohen Drehzahlen im möglichst effizienten Bereich laufen, was sich akustisch auswirkt und nicht immer ein Vergnügen ist. Die Zeiten der Stille, nämlich die des rein elektrischen Antriebs, sind dagegen recht kurz. In erster Linie hilft der E-Motor beim Anfahren, relativ rasch schaltet sich der Benziner hinzu.

Zu hoch gegriffen

Sinn macht das vorwiegend im Stadtverkehr, wo die kleinen Batterien im Fahrbetrieb automatisch durch die Energierückgewinnung geladen werden. Auf langen Autobahnstrecken verpufft dieser Effekt zwangsläufig, und dennoch ist immer ein Rest elektrischer Ladung vorhanden. Theoretisch sollten bis zu 50 Prozent der alltäglichen Fahrstrecken elektrisch zurückgelegt werden können, das ist womöglich zu hoch gegriffen.

Eine der Zielgruppen sind offenbar die Taxifahrer, denen Toyota alternativ zum ohnedies beliebten Prius ein Alternativangebot machen will. Der Camry ist nicht nur optisch gefälliger, was keine große Kunst ist, sondern auch gediegener, komfortabler und geräumiger. Um einige Zentimeter länger nicht nur als die E-, sondern auch als die C-Klasse.

...und Mercedes, Mittelklasse und gehobene Mittelklasse: Limousinen, die versuchen, den Insassen Platz und Komfort zu gewähren.
Foto: Mercedes-Benz

Womit wir bei ebendieser sind. Auch ein echtes Massenfahrzeug, ein Verkaufsschlager bei Mercedes, etwas feiner im Auftritt. Abgesehen davon, dass auch diese sich bei Taxifahrern großer Beliebtheit erfreut: Mehr als 1000 Kilometer Reichweite weist der Bordcomputer aus, zumindest bei moderater Fahrweise. Und das ist gegenüber der rein elektrischen Konkurrenz schon noch ein schlagendes Argument. 1000 Kilometer Reichweite, dann drei Minuten tanken und wieder 1000 Kilometer Reichweite.

Wenn man sich bemüht

Natürlich hat die Kaffeepause während des Ladens etwas für sich, zahlreiche Menschen machen sich gerade auf, um die Langstrecken- und Urlaubstauglichkeit der Elektromodelle unter Beweis zu stellen, aber es ist auch ein Stress, entlang der Strecke die geeigneten, funktionstüchtigen und freien Lademöglichkeiten ausfindig zu machen. Kann mir keiner was erzählen.

Grafik: Der Standard
Grafik: Der Standard

Und der Zweiliterdiesel von Mercedes überzeugt mit 200 PS und einem moderaten Verbrauch unter sechs Liter, wenn man sich bemüht. Wer sich nicht bemüht, boostet noch ein bisschen Leistung drauf, denn auch der 220 d wird elektrisch unterfüttert. Der Mildhybrid-Riemenstartergenerator macht noch einmal 20 elektrische PS locker, das merkt man deutlich auch im gesteigerten Drehmoment. Wenn man rasch Leistung abrufen möchte, ist sie also auch vorhanden.

Solange es möglich ist, will Mercedes also auch noch Dieselmotoren verkaufen – und in der C-Klasse sind ausschließlich nur mehr Vierzylinder vorhanden.

Große Klasse

Wichtiger als die Fahrleistung sind in der C-Klasse aber ohnedies der Komfort und die Bedienbarkeit des Wagens. In der Mitte dominiert ein großer Bildschirm, mit dem alles gesteuert werden kann. Praktisch, innovativ und logisch, man findet relativ rasch alle Funktionen, kann aber auch per Spracherkennung kommunizieren. Die Instrumente hinter dem Lenkrad sind voll digital und lassen sich in vielen Varianten einstellen. Dieses Angebot hat schon große Klasse.

Wo sind jetzt die Unterschiede zwischen Camry und C-Klasse? Was der Mercedes eindeutig besser kann, ist die Bedienbarkeit und die Innovation in den Anzeigen. Da ist der Japaner eher altbacken und kompliziert. Einen Unterschied macht auch der Preis. Hängt natürlich schwer von der Ausstattung ab, aber etwa 10.000 Euro liegen dazwischen. Dafür fühlt sich der Toyota haptisch aber nicht schlechter an. (Michael Völker, 15.9.2021)