Teodor Currentzis – arg gefeiert, arg umstritten.

Alexandra Muravyeva

Wien – Am Ende war es echt laut, erst auf dem Podium und unmittelbar darauf im Großen Saal: Euphorie und Teodor-Currentzis-Crazyness. Mit zwei Orchestern und fünf Programmen ist der arg gefeierte, arg umstrittene Dirigent in dieser Saison im Wiener Konzerthaus zu erleben; den Anfang machte ein Prokofjew-Abend mit der Pianistin Yulianna Avdeeva und dem SWR Symphonieorchester.

Mit dem Rundfunkorchester geht der 49-Jährige mittlerweile in seine vierte Spielzeit als Chef. Einen neuen Klang wollte der Dirigent, der aus der Kälte kam (aus Nowosibirsk und Perm), zusammen mit den Süddeutschen kreieren. Ist das gelungen? Teilweise. Hypnotische Pianissimo-Momente verzauberten in der Andante-meditativo-Variation des dritten Klavierkonzerts. Und in Prokofjews fünfter Symphonie gab es viel Schalk (im Allegro marcato) und Poesie (im Kopfsatz) zu erleben, wie stringente Steigerungen und King-Kong-Getöse.

Strohige Töne

Und doch: In Summe blieb vom SWR-Orchester der Eindruck eines Klangkörpers ohne Eigenschaften zurück. Der Ton der Violinen hörte sich bei Passagen mit lyrischer Intensität fallweise strohig-ausgefasert an, wo er doch hätte aufblühen sollen. Kontur und Prägnanz, Klangschönheit und Intensität erreichen am Sonntagabend nur Mittelmaß; verglichen mit dem entflammten Spiel von musicAeterna wurde teils mit beamtischer Verschlossenheit musiziert.

Als nicht die Exaltierteste der Pianistenzunft präsentierte sich auch Yulianna Avdeeva. Mit ihrer eher trockenen, kontrollierten Art hatte die sympathische Russin den Klavierpart von Prokofjews populärem dritten Klavierkonzert sicher im Griff und präsentierte ihn nuanciert und detailgenau gestaltet. Dank der weichen Intonation des Steinways gelangen der 36-Jährigen manch feenzarte Schwebemomente, dafür erwies sich die Durchschlagskraft des Konzertflügels in den Tutti-Passagen leider limitiert. (Stefan Ender, 14.9.2021)