Union-Kanzlerkandidat Armin Laschet bleiben noch zwölf Tage, um den Rückstand in Umfragen wieder aufzuholen. Er will jeden Tag Überzeugungsarbeit leisten.

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Am Montag liegen Armin Laschet Zahlen vor, die ihn erfreuen. Zwar hat die CDU bei den niedersächsischen Kommunalwahlen am Sonntag rund 2,6 Prozentpunkte verloren. Aber sie ist mit 31,7 Prozent der Stimmen dennoch die Nummer eins in Niedersachsen geblieben.

"Wir sind die stärkste politische Kraft", erklärt Laschet und klingt zufrieden. Im Bund werde auch erst am 26. September entschieden, betont er. "Die Wählerinnen und Wähler gehen in ein Wahllokal und stimmen ab. Dann beginnt man bei null, denn der Zettel ist weiß", sagt er. Und bis dahin "ist es Zeit, Tag für Tag zu überzeugen".

Apropos überzeugen. Das versuchte Laschet natürlich auch beim zweiten TV-Triell in diesem Wahlkampf, am Sonntagabend. Erneut trafen Laschet, Scholz und die grüne Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock aufeinander.

Durchsuchung im Ministerium

Laschet hatte zuvor vom bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Chef Markus Söder den Auftrag bekommen, die "Trendwende" einzuleiten. Das bekam vor allem Scholz, der ja auch noch Finanzminister ist, zu spüren. Im Finanzministerium hat die Staatsanwaltschaft Osnabrück vor einigen Tagen eine Durchsuchung eingeleitet. Diese richtet sich gegen die beim Zoll und damit beim Finanzministerium angesiedelte Spezialeinheit zur Bekämpfung von Geldwäsche, die Financial Intelligence Unit (FIU).

Gegen sie wird laut Staatsanwaltschaft seit 2020 ermittelt, weil von Banken gefertigte Verdachtsmeldungen nicht an Polizei und Justiz weitergeleitet worden seien. Scholz zeigte sich nach der Razzia über die Durchsuchungen verstimmt und erklärte, die Staatsanwaltschaft habe Fragen an die Ministerien gehabt. "Die hätte man schriftlich stellen können", sagte er. Und dass das jetzt jeder selbst bewerten könne.

"Schönrederei"

Ein Infragestellen der Justiz kenne er nur von Populisten, ätzte Laschet beim Triell gegen Scholz, was der nicht auf sich sitzenlassen wollte. Er lobte den Ausbau der Behörde unter seiner Ägide: "Das ist eine ganz beeindruckende Leistung."

Laschet fand das nicht und kritisierte: "Es ist schon ein Wunder, wie Sie selbst in diesem Fall eine solche Schönrednerei an den Tag legen können." Er warf Scholz auch vor: "Das ist ja nicht der erste Fall, wo Sie keine Verantwortung übernommen haben." Erwähnt wurden von Laschet noch der Wirecard-Skandal und die Cum-Ex-Geschäfte der Hamburger Warburg Bank, als Scholz Bürgermeister war.

Die Aufzählung erfreute Scholz nicht, er beschuldigte Laschet aufgebracht: "Sie verdrehen die Fakten, Sie haben absichtlich einen falschen Eindruck erweckt."

Scholz überzeugte

Die beiden beharkten sich stärker als im ersten Triell, Baerbock geriet eher ins Abseits. Doch einen wirklich harten Treffer gegen den Konkurrenten zu setzen gelang keinem.

In einer Blitzumfrage des Instituts Infratest Dimap sahen 41 Prozent der Zuseher dann Scholz als Sieger, 27 Prozent Laschet, 25 Prozent Baerbock. Auch das erste Triell hatte Scholz gewonnen.

Längst blühen in Berlin die Spekulationen, was passiert, wenn Laschet es nicht schafft, die Union auf den ersten Platz zu führen. Er hat stets erklärt, er werde nach der Wahl auf jeden Fall von Nordrhein-Westfalen, wo er jetzt Ministerpräsident ist, nach Berlin wechseln.

GroKo als Demütigung

Ist der Abstand zur SPD nur gering und kommt es zu einer großen Koalition unter einem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), könnte Laschet Minister und Vizekanzler werden. Doch mit einem solchen Szenario rechnet man nicht wirklich, die Demütigung wäre zu groß.

Außerdem verlangen Niederlagen oft auch ein personelles Opfer. Man munkelt in Berlin, dass Laschet im Falle eines Debakels als CDU-Chef zurücktritt. Dann würde das Kandidatenkarussell wieder in Schwung kommen.

Friedrich Merz, der schon bei zwei Wahlen unterlag, würde wohl noch einmal nach der Macht in der CDU greifen. Er ist als Wirtschafts- und Finanzexperte Mitglied in Laschets Zukunftsteam und verhält sich seit geraumer Zeit absolut loyal.

Sollte für die Union nur die Opposition bleiben, weil der neue Kanzler Scholz ein linkes Bündnis anführt oder Grüne und FDP doch in eine Ampel locken kann, dann wäre es möglich, dass Merz in seine alte Rolle als Oppositionsführer in Bundestag zurückkehrt.

Der geschlagene Laschet wäre auf diesem Posten wohl unerwünscht. Und er hätte ein weiteres Handicap: Laschet tritt nicht als Direktkandidat in seinem Wahlkreis Aachen an, sondern will über die Landesliste Nordrhein-Westfalen in den Bundestag. Doch es ist unsicher, ob er es hineinschafft. (Birgit Baumann aus Berlin, 14.9.2021)