Marokko ist endgültig eine Angelegenheit der reichen Männer. Der Wohlhabendste des nordafrikanischen Landes, König Mohamed VI., ernannte den Zweitreichsten, den Multimilliardär Aziz Akhannouch, am Wochenende zum Regierungschef.

Der ehemalige Landwirtschaftsminister hatte mit seiner Gruppierung Unabhängige Nationalversammlung (RNI) die Parlamentswahlen gewonnen. Der Partei gehören mehrere einflussreiche Unternehmer Marokkos an. Akhannouch, dessen RNI über 102 der 395 Abgeordneten verfügt, muss jetzt eine Koalition schmieden.

Aziz Akhannouch wird Regierungschef.
Foto: AFP / Fadel Senna

Der 1961 im südmarokkanischen Tafraoute geborene Akhannouch studierte Management in Kanada und gehörte seit 2007 als Minister für Landwirtschaft und Fischerei unterschiedlichsten Regierungen an. Er behielt diesen Posten bis jetzt, nur unterbrochen von einer kurzen Periode, als er 2013 vorübergehend zum Finanzminister ernannt wurde. Er gilt als enger Freund des Königs.

Sein Vermögen hat er vor allem dem Öl- und Erdgasgeschäft zu verdanken. Als Chef der Akwa-Gruppe, zu der unter anderem die Tankstellenkette Afriquia gehört, lag er 2020 mit 1,7 Milliarden Euro in der Forbes-Liste auf Platz zwölf der reichsten Männer Afrikas. Akhannouch ist mit der Geschäftsfrau Salwa Idrissi verheiratet und hat drei Kinder. Idrissi ist eine von zwei Marokkanerinnen, die es auf die Liste der Geschäftsfrauen bei Forbes geschafft haben. Sie besitzt eine Kette von Einkaufszentren und die Filialen mehrerer Marken, wie etwa Gap, Zara und Galeries Lafayette.

Akhannouchs RNI ließ sich den Wahlkampf so viel kosten wie keine andere Partei. Ein Großteil der Presse ist ihm wohlgesinnt. Kein Wunder: Die Unternehmen der Akwa-Gruppe schalten so viele Anzeigen wie sonst niemand.

Eine der wenigen Zeitungen, die Akhannouch immer wieder offen kritisierten, ist Akhbar al-Yaoum. Sie veröffentlichte 2015 einen Artikel über Vetternwirtschaft in seinem unmittelbaren Umfeld. Akhannouch ging vor Gericht.

Herausgeber Taoufik Bouachrine wurde zu einer Geldstrafe von 40.000 Euro verurteilt – und wenig später wegen Vergewaltigung und Zuhälterei inhaftiert und zu 15 Jahren Haft verurteilt. 2020 wurde auch der Chefredakteur der Zeitung, Soulaiman Raissouni, zu fünf Jahren Haft verurteilt. Reporter ohne Grenzen und andere Menschenrechtsorganisationen beklagen in beiden Fällen das Fehlen jedweder Rechtsstaatlichkeit bei den Verfahren. (Reiner Wandler, 13.9.2021)