Charles Hayward gastiert kommenden Donnerstag in Wien: Mit der Einhaltung der drei Kriterien Gefällig-Gemütlich-Genügsam ist eher nicht zu rechnen.

Foto: Lewis Hayward

Charles Hayward begeisterte in Österreich zuletzt 2017 beim Donaufestival in Krems. Der 1951 geborene britische Musiker und Multiinstrumentalist gab gemeinsam mit der Formation This Is Not This Heat Stücke seines zwischen 1976 und 1981 aktiven Trios This Heat zum Besten. Die beiden damals erschienenen Alben This Heat und Deceit zählen immer noch zum Besten, das eine freisinnig angelegte Grenzlandmusik zu bieten hat.

Ohne Reisebeschränkungen und ohne 3G-Regel (Gefällig, gemütlich, genügsam!) geht es da um einen beherzten Griff in das Volle. Neben Ausflügen zum britischen Folk, Jazz oder dem Progrock der Canterbury Scene um Bands wie etwa Soft Machine, Henry Cow, Gong, Caravan oder Quiet Sun, waren bei This Heat auch immer bissige Angriffslust, bärbeißiger Humor und vor allem auch relative krude Experimente mit Tonbandschleifen und Noise zu verzeichnen. Bei den genannten Quiet Sun war Hayward damals übrigens Anfang der 1970er-Jahre mit dem späteren Roxy-Music-Gitarristen Phil Manzanera aktiv.

Experimental Sound Studio

This Heat lassen bis heute viele damals erfolgreichere Postpunk-Acts alt aussehen. Immerhin hat Hayward mit This Heat diese Musik erfunden, bevor sie als solche bezeichnet wurde. Die zeitlose Kraft, die der meist das Schlagzeug wuchtig bearbeitende Charles Hayward mit Richtung Tor zielendem Gesang ergänzt, ist ungebrochen.

Aus der Zeit gefallen

Später legte es Hayward mit der Formation Camberwell Now bis Ende der 1980er-Jahre etwas ruhiger an. Es folgten zahlreiche Soloarbeiten, Soundinstallationen und Kollaborationen. Ab Ende der 1990er-Jahre machte er im Trio mit der reformierten Experimentalrockband Massacre gemeinsam mit Gitarrist Fred Frith und Bassist Bill Laswell ambitionierten Altherrenkrach zwischen No Wave und Math Rock. Man sieht schon, solange es nicht in allzu ruhigen Bahnen verläuft, ist der Mann dabei.

Wenig beachtet wird dabei, dass auch immer wieder zu Herzen gehende Balladen möglich sind. 2019 ist auf dem Wiener Label Klanggalerie das Soloalbum (begin anywhere) erschienen. Eine unaufgeregte Arbeit, die hauptsächlich vom Klavier und Haywards nach wie vor kräftiger Stimme getragen wird. Hier kann man durchaus auch stilistische Vergleiche mit Haywards Zeitgenossen Peter Hammill von Van Der Graaf Generator ziehen, der ähnlich vertrackte und aus der Zeit gefallene Songs schreibt.

Bei seinem Wien-Konzert kann alles wieder ganz anders werden. Hayward arbeitet solo mit Schlagzeug unter besonderer Berücksichtigung der Snare Drum, elektronischen Zuspielungen und Gesang. (Christian Schachinger, 14.9.2021)