Die Rinderhaltung ist gleich in mehrfacher Hinsicht für die Umwelt und insbesondere für das Klima schädlich. Letzteres leidet beispielsweise unter den gewaltigen Methanmengen, die Kühle abgeben. Als hochpotentes Treibhausgas ist es 20- bis 30-mal wirkungsvoller als Kohlenstoffdioxid und trägt zu etwa einem Drittel zum Klimawandel bei. Problematisch sind auch die Urinausscheidungen der Kühe: Sie setzen das ebenfalls sehr starke Treibhausgas Distickstoffmonoxid (Lachgas) frei und sie enthalten große Mengen Nitrat, das sich im Boden und in Gewässern ablagert.

Doch es gibt Möglichkeiten, diese Schadstoffabgabe bei der Rinderhaltung zu reduzieren. So könnte man etwa den Tieren beibringen, gleichsam eine Toilette zu benutzen, um zu verhindern, dass der Urin in die Umwelt gelangt. Genau das ist Wissenschaftern nun im Rahmen eines Forschungsprogramms zur Verringerung von Treibhausgasemissionen gelungen. Das Team neuseeländischer und deutscher Wissenschafter um Lindsay Matthews und Douglas Elliffe von der University of Auckland berichtet aktuell von seinem Erfolgt im Fachjournal "Current Biology".

DER STANDARD

Futter oder vibrierende Halsbänder

Die Wissenschafter trainierten demnach 16 Kälber mithilfe von Futterbelohnungen darauf, in einen Latrinenstall zu urinieren. Ziel war es, so den Stickstoff aufzufangen und zu beseitigen, bevor er Wasser verschmutzt oder sich in langlebiges Treibhausgas verwandelt. Der Bauernhof, auf dem das Training stattfand, wird vom Forschungsinstitut für Nutztierbiologie in Deutschland betrieben.

Auf dem Weg in die Kuhtoilette.
Foto: FBN

Wenn die Kälber an der falschen Stelle urinierten, ließen die Wissenschafter die Halsbänder der Tiere vibrieren, hieß es. Wenn sie dann aber tatsächlich in den Latrinenstall urinierten, wurden sie mit Futter belohnt. Der Stall unterschied sich von den anderen auch durch seine leuchtend grüne Farbe.

15 Tage Training

"Manche Leute trainieren ihre Kinder auf diese Weise – sie setzen sie auf die Toilette, warten, bis sie pinkeln, und belohnen sie dann, wenn sie es tun. Es hat sich herausgestellt, dass das auch bei Kälbern funktioniert." In kürzester Zeit habe sich gezeigt, dass die Kälber den Zusammenhang zwischen dem gewünschten Verhalten und der Belohnung verstanden hätten. Am Ende des 15-tägigen Trainings hätten drei Viertel der Tiere drei Viertel ihres Urins auf der Toilette abgesetzt.

Die Idee, Kühe zu trainieren, um ihren Urin aufzufangen, sei ursprünglich durch einen Witz entstanden, sagt der Verhaltensforscher Matthews. "Die Reaktion der Leute ist natürlich 'verrückte Wissenschafter'", aber das mache durchaus Sinn. "Wenn wir zehn oder 20 Prozent der Urinausscheidungen auffangen, könnten wir den Ausstoß von Treibhausgasen und die Nitratauswaschung erheblich reduzieren", sagt Elliffe.

Für die Benutzung des Rinderklos gibt es eine leckere Belohnung.
Foto: FBN

Freilandtoiletten für große Herden

Elliffe zufolge zeigen die Forschungsergebnisse, dass das Toilettentraining von Kühen grundsätzlich möglich ist. Die Herausforderung bestehe nun darin, das Konzept zu erweitern, um große Herden zu trainieren und es an Umgebungen wie Neuseeland anzupassen, wo die Tiere die meiste Zeit im Freien und nicht im Stall verbringen.

In Neuseeland geht etwa die Hälfte der Treibhausgasemissionen auf das Konto der Landwirtschaft, hauptsächlich in Form von Methan und Lachgas. Seit Jahren wird deshalb intensiv nach Lösungen geforscht. Andere Projekte sind die Zucht von Nutztieren mit geringem Methanausstoß, die Verwendung alternativer Futtermittel oder gar Impfungen von Tieren, damit sie weniger schädliche Gase produzieren. (red, APA, 14.9.2021)