Facebook wirft dem "Wall Street Journal" in einem Statement vor, auf Basis "veralteter Informationen" berichtet zu haben.

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Die Accounts mehrerer Millionen prominenter Facebook-User müssen im Falle eines Regelbruchs offenbar keine oder kaum Folgen befürchten. Grund dafür ist, dass sie Teil des bisher relativ unbekannten "Cross Check"-Programms sind. Mit diesem sollen PR-Desaster im Falle einer falschen Moderationsentscheidung gegenüber Profilen berühmter Personen verhindert werden, berichtet das "Wall Street Journal".

Wenn ein betroffener User also gegen die Nutzungsbedingungen der Plattform verstößt, werden Meldungen nicht – wie sonst üblich – von externen Moderatoren, sondern von einem separaten Team aus Facebook-Mitarbeitern geprüft.

Zwar machte die Social-Media-Plattform die Existenz von Cross Check schon 2018 öffentlich. Allerdings werden laut dem jüngsten Bericht im Rahmen des Systems gemeldete Beiträge nur in den seltensten Fällen einer weiteren Überprüfung unterzogen. Für Prominente, Politiker und weitere laut Facebook hochrangige Nutzer bedeutete das, ohne Konsequenzen jene Regeln zu brechen, die für andere Nutzer gelten, wie "Engadget" berichtet.

Millionen Views vor Löschung

Der Bericht beschreibt unter anderem einen Fall, in dem der brasilianische Fußballer Neymar ein Nacktfoto einer Frau gepostet habe, die ihn des sexuellen Missbrauchs beschuldigte. Eigentlich verstoßen solche Inhalte ganz klar gegen Facebooks Regeln, Cross Check verhinderte allerdings die Löschung – und das Video wurde 60 Millionen Mal angesehen, bevor es schlussendlich doch entfernt wurde. Für Neymars Konto hatte der Vorfall hingegen keine weiteren Folgen.

Allein im letzten Jahr erlaubte das System dem Bericht zufolge, dass gegen die Regeln verstoßende Inhalte mehr als 16 Milliarden Mal angesehen wurden, bevor sie gelöscht wurden. Außerdem soll das Unternehmen das unabhängige Oversight Board in die Irre geführt haben. Erst im Juni befragte dieses den Konzern nämlich bezüglich Cross Check, als es um die Frage der weiteren Sperre von Ex-Präsident Donald Trump ging. Facebook sagte damals, das System betreffe nur "eine kleine Zahl" der Entscheidungen – und es sei "nicht machbar", mehr Daten zu teilen.

Facebook wirft dem "Wall Street Journal" in einem Statement vor, auf Basis "veralteter Informationen" berichtet zu haben. Außerdem versuche man das Cross-Check-System zu verbessern. "Letztendlich steht im Mittelpunkt dieser Geschichte die eigene Analyse von Facebook, dass wir das Programm verbessern müssen", schrieb Facebook-Sprecher Andy Stone in einer Erklärung auf Twitter. Man wisse, dass die Durchsetzung nicht perfekt sei und es Kompromisse zwischen Geschwindigkeit und Genauigkeit gebe. (mick, 14.9.2021)