Wien – Angesichts stagnierender Impfzahlen stehen größere Einschnitte für Ungeimpfte kurz bevor, ist Eva Schernhammer, Epidemiologin an der Med-Uni Wien, überzeugt. "Es braucht einschneidendere Maßnahmen für Ungeimpfte, der Zeitpunkt kommt", sagte sie im Ö1-"Morgenjournal" am Donnerstag. Bis Ende September sollte darüber entschieden sein, meint die Expertin.

Aushang einer Eckkneipe in Hamburg: Nur Genesene und Geimpfte werden eingelassen. Gilt derlei möglicherweise bald auch in Österreich?
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In diesem Zeitraum, also innerhalb der kommenden zwei Wochen, geht auch das Prognosekonsortium, das die Regierung berät, von einem signifikant steigenden Belag der Intensivstationen mit Corona-Infizierten aus. Österreichweit wird ein Zuwachs von 9,8 auf 15,9 Prozent erwartet – auf 326 statt aktuell rund 200 belegten Intensivbetten. Das, teilten die Modellrechner Mittwochnachmittag mit, übersteige die von der Corona-Kommission definierte Grenze zum mittleren Systemrisiko. Im Burgenland, in Vorarlberg, Wien sowie Nieder- und Oberösterreich könne im Worst-Case-Szenario innerhalb des Prognosezeitraums ein Überschreiten der 33-Prozent-Marke nicht ausgeschlossen werden, wurde gewarnt. Die Experten erwarten, dass der Schulbeginn in den westlichen Bundesländern zu einem ähnlichen Anstieg der gemeldeten positiven Tests führen wird, wie es im Osten der Fall war.

Quarantäneregelung könnte wieder fallen

In den Schulen gilt aufgrund eines Erlasses des Gesundheitsministeriums inzwischen eine auf fünf Tage verkürzte Quarantäne (bis freigetestet werden kann), und als enge Kontaktperson wird nur mehr das engste Umfeld definiert. Dass im Grunde nur mehr direkte Sitznachbarn von Schulkindern mit positivem Testergebnis in Quarantäne müssen, sieht Epidemiologin Schernhammer – wie auch einige andere Experten – kritisch: "Wir wissen ja, das Virus ist infektiöser geworden, und es wird sich nicht nur auf diesen einen Meter rund um den infizierten Schüler beschränken, sondern im ganzen Klassenzimmer herumreisen." Die Politik versuche hier "einen Drahtseilakt, dass die Schüler weiter in die Schule gehen können". Sie kann sich aber vorstellen, dass man wegen weiterer Infektionen werde zurückrudern müssen und wieder ganze Klassen in Quarantäne gehen müssen.

Eva Schernhammer, Epidemiologin an der Med-Uni Wien, kann sich vorstellen, dass die Politik bei den lockeren Quarantäneregeln an Schulen wieder zurückrudern muss.
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Zu den seit Mittwoch geltenden, recht komplizierten Regeln, wer nun wo eine FFP2-Maske zu tragen hat (ein Überblick folgt unten), meint die Epidemiologin, hier gehe es wohl "im Prinzip darum, einen klitzekleinen Impfbonus zu geben". Insgesamt bezeichnet sie den aktuellen Maßnahmenkatalog und den Dreistufenplan im Ö1-Gespräch als "sehr wohl durchdacht". (spri, 16.9.2021)