Die GDL hatte mit einer vierten Arbeitsniederlegung gedroht.

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Berlin – Die Lokführergewerkschaft GDL und die Deutsche Bahn haben in ihrem festgefahrenen Tarifkonflikt überraschend eine Einigung erzielt. Das teilten beide Seiten am Donnerstag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit. Es gibt eine Lohnerhöhung von 3,3 Prozent in zwei Stufen bei einer Laufzeit von 32 Monaten und zwei Corona-Prämien.

Zum 1. Dezember 2021 steigen die Bezüge zunächst um 1,5 Prozent, dann am 1. März 2023 um weitere 1,8 Prozent. Am 1. Dezember erhalten die Beschäftigten außerdem je nach Lohngruppe eine Corona-Prämie von bis zu 600 Euro. Am 1. März 2022 soll eine weitere Corona-Prämie von einheitlich 400 Euro fließen.

Ministerpräsidenten vermittelten

Die GDL willigte demnach in die geplante Umstrukturierung der betrieblichen Altersvorsorge ein; das bisherige System der Zusatzrente werde ab 2022 nur für Bestandsmitarbeiter fortgesetzt, hieß es. Erstmals schließt die GDL neben dem Zugpersonal auch Tarifverträge für Mitarbeitende in Werkstätten und in der Verwaltung, jedoch nicht für die Infrastruktur.

Geeinigt haben sich beide Seiten demnach auch auf ein Verfahren, mit dem festgestellt wird, welche Gewerkschaft in den jeweiligen Bahnbetrieben die Mehrheit hat. Davon hängt nach dem Tarifeinheitsgesetz ab, welcher Tarifvertrag angewandt wird. Die GDL hat in 16 der rund 300 Bahnbetriebe die Mehrheit, in 71 Betrieben muss das noch festgestellt werden.

In dem Tarifkonflikt hatten zuletzt auch die Ministerpräsidenten von Niedersachsen und Schleswig-Holstein, Stephan Weil (SPD) und Daniel Günther (CDU), vermittelt. Der deutsche Verkehrsminister Andreas Scheuer lobte die Vermittlerrolle von Günther und Weil. "Entscheidend war ein Ergebnis, und da danke ich allen Seiten", sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. "Das ist für die Fahrgäste und für die Lieferketten im Güterverkehr ein wichtiges Signal für Deutschland." Mit Blick auf die Tarifautonomie sagte Scheuer: "Ich habe mich nicht eingemischt, aber ich habe mich gekümmert."

EVG prüft Sonderkündigungsrecht

Die Bahn war den Lokführern am Wochenende entgegengekommen und hatte eine zusätzliche Entgeltkomponente in Aussicht gestellt. Die GDL hatte ihren dritten und bisher längsten Streik in dieser Tarifrunde am Dienstag vergangener Woche beendet. Vorige Woche hatte die Gewerkschaft aber damit gedroht, Anfang dieser Woche mit der Vorbereitung des nächsten Arbeitskampfes zu beginnen, sollte das Konzernmanagement bis dahin kein verbessertes Angebot vorlegen. Die Streiks wirkten sich auch in Österreich sowohl im Personen- als auch im Güterverkehr aus.

Die größere Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) hatte mit der auch durch die Corona-Krise angeschlagenen Bahn bereits im vergangenen Jahr einen Sanierungstarifvertrag geschlossen. Sie hatte Anfang September angekündigt, bei einem möglicherweise höheren Tarifabschluss der GDL nicht talentlos zuzusehen und ihr Sonderkündigungsrecht zu prüfen. (Reuters, APA, 16.9.2021)