Roland Weißmann, neuer ORF-General ab 2022, hat seine Zentraldirektoren mit breiter Mehrheit durchgebracht.

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Wien – Die ORF-Zentraldirektoren sind mit 32 Pro-Stimmen bei drei Enthaltungen bestellt. Die neun Landesdirektoren mit 34 von 35 Stimmen bei einer Enthaltung.

Ins Zentraldirektorium des ORF wählte der Stiftungsrat Stephanie Groiss-Horowitz, zuletzt bei Puls 4, zur Programmdirektorin, ORF-3-Chefredakteurin Ingrid Thurnher zur Radiodirektorin, ORF-3-Managerin Eva Schindlauer zur Finanzdirektorin und den bisherigen GIS-Chef Harald Kräuter zum Technikdirektor – mehr über den Cast hier.

Das neue ORF-Direktorium, v.l.n.r.: Finanzdirektorin Eva Schindlauer, Radiodirektorin Ingrid Thurnher, ORF-Generaldirektor Roland Weißmann, Programmdirektorin Stefanie Groiss-Horowitz und Technikdirektor Harald Kräuter.
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Die frisch bestellten ORF-Landesdirektoren ab 2022 im Überblick: Edgar Weinzettl (Wien), Robert Ziegler (Niederösterreich), Klaus Obereder (Oberösterreich), Waltraud Langer (Salzburg), Esther Mitterstieler (Tirol), Markus Klement (Vorarlberg), Karin Bernhard (Kärnten), Gerhard Koch (Steiermark) und Werner Herics (Burgenland) – Kurzporträts finden Sie hier.

Die ORF-Landesdirektorinnen und Direktoren, v.l.n.r.: Edgar Weinzettl (Wien), Werner Herics (Burgenland), Klaus Obereder (Oberösterreich), Karin Bernhard (Kärnten), ORF-Generaldirektor Roland Weißmann, Waltraud Langer (Salzburg), Esther Mitterstieler (Tirol), Robert Ziegler (Niederösterreich), Gerhard Koch (Steiermark) und Markus Klement (Vorarlberg).
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Blaue Enthaltungen

Bei der gemeinsamen Paket-Abstimmung über die vier Zentraldirektoren enthielten sich drei der vier FPÖ-nahen Stiftungsräte – Barbara Nepp, Corina Heinreichsberger und Georg Watschinger. Sie stimmten bei der Generalswahl im August für ORF-1-Chefin Lisa Totzauer – die sich nun nicht im Direktorium wiederfindet.

Stiftungsratsvorsitzender Norbert Steger (auf dem Parteimandat der FPÖ im Stiftungsrat) stimmte im August für Weißmann und nun auch für sein Team.

Weißmann erhielt im August insgesamt 24 der 35 Stimmen im Stiftungsrat. 18 bürgerlich-ÖVP-nahe Stimmen, zudem zwei Betriebsrätinnen, drei Grüne und Steger.

Bei den Landesdirektoren dürfte sich Betriebsrätin Christiana Jankovics, zugleich Vorsitzende der Gleichbehandlungskommission im ORF, nach Beschwerden über Markus Klement in Vorarlberg und Karin Bernhard in Kärnten enthalten haben.

Entscheidende Mehrheit, "klarer Auftrag"

Die entscheidende Mehrheit im Stiftungsrat haben ÖVP-nahe Mitglieder. Sie haben schon im August den Ausschlag für die Bestellung von Roland Weißmann zum ORF-General ab 2022 gegeben. Nun schlug Weißmann dem Stiftungsrat sein Führungsteam vor.

Reaktionen:

Zach

Thomas Zach, Sprecher der türkisen Mehrheit im Stiftungsrat, kommentierte die Direktorenbestellung am Donnerstag so: "Weißmann hat mit seinem Team überzeugt. Mehr als 90 Prozent Zustimmung im Stiftungsrat für das neue ORF-Team sprechen für sich. Nach einer klaren Zweidrittelmehrheit für Weißmann im August ist diese große Bestätigung für sein Team ein großer Vertrauensbeweis und klarer Auftrag für einen modernen und starken ORF."

Lederer

Heinz Lederer, Sprecher der SPÖ-nahen Stiftungsräte, kündigte nun "harte, aber konstruktive Kontrolle im Sinne der Gebührenzahler" an. Der rote "Freundeskreis" stimmte im Sommer für eine Verlängerung des amtierenden Generals Alexander Wrabetz. Lederer hofft nun, dass die Regierung dem ORF rasch mit einer Gesetzesnovelle GIS-Gebühren auch für Streamingnutzung einführt und die anstehende Erhöhung der Gebühren "vernünftig" ausfällt.

Lockl

Lothar Lockl, Sprecher der Grünen Stiftungsräte, zeigte sich "überzeugt, dass das neue Team das richtige für den nötigen Veränderungsprozess ist". Die ORF-Führung werde weiblicher und im Schnitt jünger und diverser, sie habe "Kompetenz, Zukunftsorientierung, aber auch Erfahrung".

Leichtfried

SPÖ-Mediensprecher Jörg Leichtfried sieht große Herausforderungen auf das künftige Führungsteam des ORF zukommen. "Nachdem die Bestellung von Generaldirektor Weißmann leider nach dem bekannten Muster türkiser Hinterzimmer-Politik abgelaufen ist, muss der designierte Generaldirektor mit seinem Team jetzt beweisen, dass für ihn die journalistische Unabhängigkeit des ORF an erster Stelle steht", wurde Leichtfried in einer Aussendung zitiert. Es brauche ein stärkeres Redaktionsstatut, der ORF müsse im digitalen Zeitalter ankommen und neben einer starken regionalen Verankerung auch eine deutlich europäischere Ausrichtung haben, forderte der SPÖ-Mediensprecher.

Brandstötter

Kritik am Bestellungsvorgang kam bereits am Donnerstagvormittag von den NEOS. "Die Art und Weise, wie die neuen Direktorinnen und Direktoren ernannt werden, bleibt weiterhin höchst kritikwürdig, intransparent und von parteipolitischen Interessen geprägt", wurde NEOS-Mediensprecherin Henrike Brandstötter in einer Aussendung zitiert. Sie fordert eine Abschaffung des im ORF-Gesetz vorgesehenen Anhörungsrechts der Landeshauptleute für die jeweiligen Landesdirektoren. Dieses sei in Wahrheit ein "Ernennungsrecht".

Die Länderliga

Wegen Vorwürfen über ihre Amtsführung waren zuletzt der Vorarlberger Landesdirektor Markus Klement und die Kärntner Landesdirektorin Karin Bernhard in Diskussion.

Klement und Bernhard weisen Vorwürfe zurück

Klement erklärt zu den Vorwürfen auf STANDARD-Anfrage: "Die medial kolportierten Anschuldigungen kann ich in keiner Weise nachvollziehen und weise sie entschieden zurück. Auffällig ist bei all dem die Tatsache, dass diese Gerüchte unmittelbar vor den Bestellungen der Landesdirektoren aufgetaucht sind. Für mich persönlich ist ein wertschätzendes Miteinander besonders wichtig und ich kann nur sagen, meine Tür für Gespräche war und ist immer offen."

Bernhard erklärt auf STANDARD-Anfrage: "Dabei handelt es sich um in den Medien verbreiteten Gerüchte, die jeder Tatsachen entbehren. Ich habe mittlerweile zwei erfolgreiche Perioden als Landesdirektorin absolviert. Wurde eben für die nächsten fünf Jahre wiederbestellt. Mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern pflege ich ein gutes Verhältnis und weiß, dass wir nur als Team das erreichen konnten, was wir in den vergangenen zehn Jahren umgesetzt haben und weiter umsetzen werden: Das positive Bild des Landes Kärnten nach außen zu kommunizieren."

Klement und Bernhard wurden am Donnerstag nach Infos von Stiftungsräten wiederbestellt – ebenso Gerhard Koch in der Steiermark und auch Werner Herics im Burgenland. Hier wünschte sich Landeshauptmann Hans Peter Doskozil Landesstudio-Chefredakteur Walter* Schneeberger.

Neu sind ab 2022 Magazinchefin Waltraud Langer in Salzburg, der bisherige Radio-Innenpolitikchef Edgar Weinzettl in Wien und die bisherige Radio-Wirtschafschefin Esther Mitterstieler für Tirol. Aus der Chefredaktion des Landesstudios rücken nach dem Pensionsantritt ihrer Direktoren Robert Ziegler in Niederösterreich und Klaus Obereder in Oberösterreich nach.

Nach einer kurzen Pause und einer Pressekonferenz ging der Stiftungsrat in eine zweite Sitzungsrunde vor allem mit Finanzthemen wie einer Budgetprognose für 2022, den Quartalszahlen für 2021 und Berichten über den Baufortschritt im ORF-Zentrum und den Newsroom. (fid, 16.9.2021)