Gert Weihsmann hat soeben seinen Debütroman veröffentlicht. Schriftsteller und Protagonist leben in der gleichen Wohnung im dritten Bezirk in Wien – die aus ästhetischen Gründen keine Waschmaschine hat.

"Unsere Wohnung ist vor allem türkis. Das ist echt kein politisches Statement, sondern hat schlicht und einfach damit zu tun, dass mein Mann und ich immer in kleinen Wohnungen mit kleinen Räumen gewohnt haben – und bis vor kurzem einfach nicht wussten, wie man mit großen Räumen umgeht.

Gert Weihsmann und sein Mann haben lange nach der für sie passenden Wohnung gesucht.
Foto: Lisi Specht

Eine befreundete Innenarchitektin hat uns dann geraten, zu diesem frischen Azzurro zu greifen – eine kräftige, frische Farbe, die viel Akzent in einen Raum hineinbringt, ihn aber nicht erschlägt. Außerdem ist das die Vereinsfarbe von S.P.A.L. Ferrara, unserem liebsten Fußballklub in unserer liebsten italienischen Stadt, in die wir seit 20 Jahren immer auf Urlaub fahren. Was will man mehr!

Bis vor ein paar Monaten war die Wohnung ziemlich farblos – mit ein paar Designklassikern, die zwar nett anzusehen, letztendlich aber ziemlich unbequem waren. Das größte Malheur war das Sofa. Ein wunderschönes, aber unbequemes Teil, in dem nie irgendwer drinsitzen wollte. Also haben wir beschlossen, zum Kohlmaier zu gehen und uns zwei Sofas bauen und mit leuchtenden Stoffen von Jean-Paul Gaultier beziehen zu lassen. Das Resultat ist eine wilde, aber doch elegante Mischung aus Schottenkaro und floralen Ornamenten. Das Schottenkaro verkörpert meine Leidenschaft für den Whisky, die Weinreben wiederum stehen für den Wein, den mein Mann so gern trinkt.

Wir haben sehr lange nach einer passenden Wohnung für uns beide gesucht. Innerhalb von zweieinhalb Jahren haben wir insgesamt 150 Wohnungen besichtigt – mit einer Kriterienliste mit zehn Punkten – und sind am Ende fast schon verrückt geworden, was für Löcher zu vollkommen überhöhten Preisen am Markt angeboten werden.

"Diese Wohnung hat neun von zehn Punkten erfüllt", berichtet der Schriftsteller Gert Weihsmann von seiner Wohnungssuche.
Fotos: Lisi Specht

Diese Wohnung schließlich hat neun von zehn Punkten erfüllt. Wir haben sie direkt vom Plan weggekauft – 110 Quadratmeter, eine tolle Sanierung in einem wunderschön sanierten Stilaltbau. Im Grunde haben wir die Wohnung so übernommen, wie sie geplant war, bloß im Bereich Vorzimmer und Wohnzimmer haben wir ein paar Türen und Wände entfernen lassen.

Jetzt wohnen wir hier schon seit 14 Jahren, und es ist immer noch eine Wohnung, die nicht nur Schönheit ausstrahlt, sondern auch eine Form von Gemütlichkeit und Ungezwungenheit. Ich finde ja, die Wohnung darf dich nicht auslachen – auch dann nicht, wenn du den ganzen Tag in der Unterhose rumläufst.

Und genauso ist die Wohnung. Sie umarmt einen die ganze Zeit, von Jahr zu Jahr mehr, und manchmal habe ich das Gefühl, dass ich erst jetzt, nach vielen Jahren, beginne, die Wohnung in all ihren Facetten zu verstehen.

Man glaubt es kaum, aber ich bin im Grunde genommen ein ziemlich wilder, chaotischer, unordentlicher Typ. In gewisser Weise ordnet und zähmt mich die Wohnung in ihrer Struktur. Vor ein paar Monaten hat’s hier noch ganz anders ausgesehen.

Innerhalb von zwei Jahren wurden 150 Wohnungen besichtigt.
Fotos: Lisi Specht

Als ich das Manuskript meines Buches von 750 Seiten auf circa 300 Seiten runterdestillieren musste, war alles monatelang voller Zettel, die auf dem Tisch und auf dem Boden überall herumgelegen sind. Das war ein Wahnsinn!

Meinen Debütroman Ischgler Schnee, der soeben erschienen ist, habe ich überall geschrieben – in Lokalen, hier in der Wohnung, in diversen Hotelzimmern auf Reisen. Aber dafür kommt diese Wohnung indirekt im Buch vor, weil hier Kommissar Selikovsky wohnt. Wer schon mal bei uns war, der erkennt sofort die Parallelen zwischen der echten und der fiktiven Wohnung.

Das liegt nicht nur an den Details, sondern auch an der Tatsache, dass wir keine Waschmaschine haben. Waschmaschinen sind hässlich, daher haben wir sie in den Keller verbannt, indem wir unser Kellerabteil entsprechend adaptiert haben. Auch Kommissar Selikovsky hat keine Waschmaschine, sondern geht immer in den Keller, wo er der Wäsche beim Waschen zuschaut – und dann kommen ihm immer die besten Ideen. Das ist so wie im Leben. Manchmal passieren die genialsten Sachen, wenn man einfach nur stundenlang an die Decke starrt." (20.9.2021)