Kinder interviewen Politiker. Was nach einem Format klingt, das aufgrund der Direktheit und Unbekümmertheit von Kindern das übliche Prozedere eines Interviews zwischen Journalisten und Politikern mit erwartbaren Fragen und ebenso einstudierten Antworten durchbrechen kann, sorgt im Endspurt des deutschen Wahlkampfs für Diskussionen. Klaas Heufer-Umlauf, der Moderator der ProSieben-Satiresendung "Late Night Berlin" am Dienstag, ließ zwei Elfjährige dem CDU-Kanzlerkandidaten Armin Laschet vorbereitete Fragen stellen wie "Ist Maaßen ein Nazi?". Offenbar wurden die Kinder außerdem durch einen Knopf im Ohr über die zu stellenden Fragen instruiert – Kindermund tut im Privatfernsehen nicht die Wahrheit kund, sondern die Meinung der Erwachsenen.
In der öffentlichen Meinung kommt Laschet nach der Ausstrahlung schlecht weg. Als "ungehalten", "schnippisch", ja "pampig" wird der Unionskandidat kritisiert. Das Ende des Auftritts konnte ihm jedenfalls nicht schnell genug kommen, zweimal fragte er nach, ob die Kinder noch Fragen hätten.
Schlechte Vorbereitung
Offenbar war Laschet von seinem Team nicht ausreichend auf das Format vorbereitet worden. Die Kinder hatten in der Vergangenheit schon andere Interviews geführt und im Format "Kinder fragen Rapper" Musiker nach ihrem Drogenkonsum gefragt. Auch dabei wurde jedoch rasch klar, dass die Kinder nur als Sprechpuppen für die Sendungsmacher fungieren.
Während die Häme über Laschets Auftritt im Internet überwiegt, wird gleichzeitig auch die Instrumentalisierung von Kindern für das Sendungsformat kritisiert. So äußerte zum Beispiel der Politikberater Erik Flügge Zweifel daran, dass grundlegende Standards zur politischen Beteiligung von Kindern bei der Sendung gewahrt wurden.
Laschet selbst äußerte sich am Donnerstag zu dem Auftritt. "So sprechen Kinder nicht, es ist ein sehr spezielles Format gewesen", sagte er – offenbar immer noch verärgert – bei einer Veranstaltung des Norddeutschen Außenhandelsverbands AGA.
Scholz souveräner
Olaf Scholz musste sich im gleichen Format Fragen wie "Ist Putin ein Mörder?" stellen, sein Auftritt wird allgemein als souveräner im Vergleich zu Laschet beurteilt. Das könnte aber nicht zuletzt auch daran liegen, dass Heufer-Umlauf bekanntermaßen SPD-Anhänger ist und schon in der Vergangenheit die Sozialdemokraten in Wahlkämpfen offen unterstützte.
Vorteil für Baerbock
In der kommenden Ausgabe soll Annalena Baerbock von den beiden Kindern befragt werden. Die Aufzeichnung ihres Auftritts soll erst nach Ausstrahlung der Interviews ihrer Kontrahenten stattgefunden haben, was für die grüne Spitzenkandidatin zumindest den Überraschungseffekt wegfallen ließe. (Michael Vosatka, 16.9.2021)