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Die metalltechnische Industrie, mit Maschinenbau und Metallverarbeitung der größte Fachbereich der Metallindustrie in Österreich, sucht den Optimismus vor der nächste Woche beginnenden Herbstlohnrunde zu bremsen: Die Aussichten der Branche seien positiv, aber Wachstumssteigerungen seien nicht programmiert. Darüber hinaus seien die Margen unter Druck, die Preise für Energie und Rohmaterial würden steigen.

Wohl seien die Auftragsbücher gut gefüllt, "aber wir kriegen die Ware nicht raus", warnte Fachverbandsobmann Christian Knill am Donnerstag. Er sehe "nach dem größten Einbruch der Produktion seit Jahrzehnten keinen Grund für unvernünftig hohe Forderungen und Erwartungen". Man sei gerade dabei, Schritt für Schritt verlorenes Wachstum aufzuholen, wie nachhaltig dieser Aufschwung sei, sei aber fraglich.

Nervenstärke gefragt

Im Lichte des kräftigen Konjunkturaufschwungs, der heuer ein Wirtschaftswachstum von 4,0 Prozent erwarten lässt und im kommenden Jahr mit 5,0 Prozent noch ein wenig zulegen dürfte, sind ab dem 23. September nervenaufreibende Kollektivvertragsverhandlungen programmiert.

Dafür haben die Arbeitgeber ihre Pflöcke eingeschlagen: Die Produktion werde heuer gerade einmal das aufholen, was im Vorjahr verlorengegangen ist, und bei den Lohnstückkosten verliere Österreich im Vergleich zur Eurozone sowieso ständig an Terrain. Ein Abschluss "mit Vernunft und Augenmaß" sei daher nötig, mahnte Knill, selbst Chef eines Metallverarbeitungsunternehmens in der Steiermark.

So vorteilhaft die Position der Arbeitnehmerseite im Lichte des Nach-Corona-Aufschwungs aussehen mag: Was rein rechnerisch aufgrund der ständig steigenden Inflation und des Produktivitätsfortschritts (3,3 Prozent) als Forderung naheliegen würde, gilt als unrealistisch hoch. Vor dem Hintergrund rückläufiger Beschäftigung – die Zahl der Mitarbeiter in der gesamten Metallindustrie ging laut einer Sonderauswertung der Statistik Austria im Vorjahr um 2,33 Prozent auf 191.888 zurück – wird auch der Erhalt von Arbeitsplätzen eine wichtige Rolle spielen. Denn in den ersten fünf Monaten 2021 ging die Beschäftigung weiter zurück (um 1,5 Prozent), vor allem bei den Arbeitern – trotz Erholung der Auslastung und der Auftragslage.

"Brauchen sichtbaren Abschluss

Man brauche auf jeden Fall einen sichtbaren Abschluss, wird seitens der Produktions- und der Privatangestelltengewerkschaft betont. Denn die Unternehmen hätten auch dank Kurzarbeit und Corona-Hilfen gut verdient, die Zurückhaltung bei Gewinnausschüttungen sei auch überschaubar gewesen. Zudem seien insbesondere die börsennotierten Konzerne der Branche längst wieder über Vorkrisenniveau, die Ausschüttungsquote von Betrieben mit Kurzarbeit liege bei fast 90 Prozent. "Die Kurzarbeit haben die Arbeitnehmer mit ihrem Lohnverzicht schließlich zum Teil selber finanziert", stellt Metallgewerkschaftschef Rainer Wimmer klar. "Und heuer gibt es ein sensationelles Wirtschaftswachstum." "Es ist Zeit für einen kräftigen Reallohnzuwachs", betont auch Angestellten-Chefverhandler Karl Dürtscher von der Privatangestelltengewerkschaft.

Wieder auf Vorkrisenniveau

Laut Branchenanalyse der Arbeiterkammer ging die abgesetzte Produktion der metalltechnischen Industrie im Vorjahr von 38,1 auf 34,7 Milliarden Euro zurück. In den ersten fünf Monaten 2021 stieg sie wieder um 22 Prozent auf 16,7 Milliarden Euro – das sind um 500 Millionen Euro mehr als im Vergleichszeitraum 2019, also vor der Corona-Krise.

Die 1.200 Metallverarbeitungsbetriebe beschäftigen mehr als 134.000 Mitarbeiter, die mit einem Produktionswert von 36 Milliarden Euro ein Viertel der gesamten Industrie erwirtschaften. Vier Fünftel der Unternehmen in Maschinenbau, Metallwaren, Stahlbau, Automotive und Zulieferindustrie sind in der Hand von Familien, weniger als fünf Prozent sind noch in Kurzarbeit.

Rohstoffe, Stahl und Energie teurer

Wiewohl die Nachfrage hoch ist – deutsche Maschinenbauer rechnen mit einem um Preissteigerungen bereinigten Produktionszuwachs von fünf Prozent –, steigende Preise für Rohstoffe, Stahl und Energie erschweren das aufgrund von Lieferengpässen ohnehin schwierige Geschäft. Allein die Mehrkosten bei Stahl beliefen sich auf 4,3 Milliarden Euro. "Wir dürfen den Fehler von 2008 nicht wiederholen, in der Finanzkrise wurde zu hoch abgeschlossen." (Luise Ungerboeck, 17.9.2021)