Nicht nur strafrechtliche Ermittlungen beschäftigen die HG Pharma und ihr Tochterunternehmen, auch eine zivilrechtliche Klage eines ehemaligen Zulieferers wird verhandelt.

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Innsbruck/Kirchberg/Salzburg – Ein einstiger Salzburger Zulieferer der ehemals für das Land Tirol mit PCR-Testungen beauftragten HG Lab Truck hat das Unternehmen auf offene Forderungen geklagt. Bis zu 2,43 Millionen Euro standen im Raum, der Streitwert der Klage belief sich vorerst auf 963.676 Euro. Am Donnerstag trafen die beiden Parteien in einem Zivilverfahren am Landesgericht Innsbruck erstmals aufeinander. Bis November wollen die Geschäftsführer erörtern, ob ein Vergleich möglich wäre.

Trotz Mahnungen habe die Lab Truck die Rechnungen für die gelieferten PCR-Kits und Geräte nur in Teilbeträgen beglichen, so der Vorwurf der klagenden Partei. "Ich habe Sie sechs Monate vorfinanziert, sodass Sie Umsätze in Millionenhöhe machen konnten", beklagte der Geschäftsführer der Salzburger Biotech-Firma. Seine Firma habe bis einschließlich 26. November geliefert, wer danach die PCR-Tests zur Verfügung gestellt habe, wisse er nicht. Der Werkvertrag mit dem Land Tirol beruhe jedenfalls "ausschließlich auf unserem Angebot". Dieses sei seiner Meinung nach ausschlaggebend dafür gewesen, dass die HG Lab Truck den Vertrag zugesprochen bekam. "Mit zwei Millionen würden wir heimgehen", legte der Rechtsanwalt der Salzburger Firma schließlich ein Angebot für einen Generalvergleich auf den Tisch.

Treffen ohne Anwälte

"Da sind wir weit davon entfernt", entgegnete der Rechtsvertreter der HG Lab Truck, Tochterfirma der in Kirchberg (Bezirk Kitzbühel) ansässigen HG Pharma. Er sei der Ansicht, dass "gar nichts mehr offen wäre". Die HG Lab Truck sei bereit, 400.000 Euro zu zahlen. Denn die Klägerin habe entgegen der Vereinbarungen und nicht nachvollziehbar abgerechnet, ferner hätten Lieferscheine gefehlt. Aufgrund von Verzögerungen und Mehraufwand sei gar ein Schaden für die HG Lab Truck entstanden. Die PCR-Teströhrchen seien etwa ohne Barcodes geliefert worden. Auch wären sie gegen Vereinbarung noch zu befüllen gewesen, so der Rechtsvertreter der angeklagten Partei.

Schließlich einigte man sich auf ein Treffen. Die beiden Geschäftsführer wollen sich im Beisein eines Sachverständigen aber ohne Rechtsanwälte nun zusammensetzen, um einen möglichen Vergleich zu erörtern. Sollten die Vergleichsgespräche nicht erfolgreich sein, wurde als nächster Verhandlungstermin der 25. Jänner anvisiert.

Ein breites Thema

Die Richterin musste die Anwesenden immer wieder ermahnen, beim Thema – dem Kaufvertrag und angeblich ausstehenden Zahlungen bzw. nicht erbrachten Leistungen – zu bleiben, und nicht auf Nebenschauplätze auszuweichen. Die Causa HG Pharma bzw. HG Lab Truck beschäftigt seit Frühjahr immer wieder Medien und Politik. Die schwarz-grüne Landesregierung war Anfang Mai wegen der Causa unter Beschuss geraten. Vor allem die Direktvergabe des rund acht Millionen Euro schweren Auftrags ohne Ausschreibung im vergangenen September an die Firma von Ralf Herwig sorgte für scharfe Kritik. Er selbst legte die Geschäftsführung im Mai zurück, seine Frau fungiert seither als Geschäftsführerin. Ein unrechtmäßiges Handeln dabei stellte das Land stets in Abrede. Es war zu offenbar teils falschen Mutations-Bewertungen bei den Tiroler PCR-Proben durch die HG Lab Truck gekommen. Rund 380 Fälle mussten nach einem vorläufigen Zwischenergebnis der bisherigen Sequenzierungen der Ages umgestuft werden.

Zudem war die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) aktiv geworden und hatte im Juli einen Vorhabensbericht an die Oberstaatsanwaltschaft Wien übermittelt. Es stand der Vorwurf im Raum, dass die HG Lab Truck die vom Land in Auftrag gegebenen PCR-Tests "nicht sach- und fachgerecht durchgeführt hätte bzw. zur Durchführung solcher Tests nicht qualifiziert und berechtigt gewesen sei". Über Anklage oder Nicht-Anklage entscheidet das Justizministerium. Anfang September sorgten zudem mehr als 24.000 offenbar geleakte positive Tiroler PCR-Testergebnisse für Aufregung. Die Innsbrucker Staatsanwaltschaft leitete ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt ein. Untersucht werde der Verdacht des Verstoßes gegen das Datenschutzgesetz sowie jener des widerrechtlichen Zugriffs auf ein Computersystem. (APA, 16.9.2021)