Julia Slutskaja (links) bei ihrer Entlassung aus dem Gefängnis in Minsk am 19. August 2021 mit ihrer Tochter.

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Wien/Minsk – Die Journalistin Julia Slutskaya, Gründerin und Leiterin des Press Club Belarus, ist auf dem Wiener IPI-Kongress in Abwesenheit als "Heldin der Pressefreiheit" gefeiert worden. Die Auszeichnung nahm am Donnerstagabend Anton Ruliou, Mitglied des kritischen belarussischen Presseclubs, entgegen. In einer Videobotschaft forderte Außenminister Alexander Schallenberg die Freilassung der inhaftierten Journalisten in dem autoritär regierten Land.

Schallenberg würdigte in seiner Botschaft "freie Medien als Säulen der Demokratie". Er kündigte Pläne an, dass Österreich im kommenden Jahr eine Konferenz über die Sicherheit von Journalisten organisieren wolle. Mit diesem Thema hat sich der diesjährige Kongress des Internationalen Presse Instituts, der am Freitag zu Ende geht, intensiv beschäftigt. Der Außenminister appellierte an den weißrussischen Diktator Alexander Lukaschenko, die zahlreichen inhaftierten Journalisten freizulassen.

28 belarussische Journalisten in Haft

Nach den Worten von IPI-Vizedirektor Scott Griffen befinden sich gegenwärtig 28 belarussische Journalisten in Haft. Anton Ruliou vom Presseclub verlas eine kurze Botschaft Slutskajas. Die neu gekürte "World Press Freedom Hero" hatte es nicht gewagt, ihre Heimat zu verlassen. Aus gutem Grund: Im Dezember 2020 war sie bei der Rückkehr von einem Ägypten-Urlaub am Flughafen Minsk festgenommen worden. Erst vor knapp einem Monat wurde sie mit vier Kollegen nach achtmonatiger Haft freigelassen.

Die Laudatio für Slutskaja im Wiener Haus der Musik hielt die mexikanische Investigativjournalistin und Menschenrechtsaktivistin Lydia Cacho Ribeiro, die "Heldin der Pressefreiheit" des Jahres 2010. Als "starke, brillante Frau" bezeichnete sie ihre belarussische Kollegin. "Ihr Land Belarus" wolle Julia "ausradieren". Cacho Ribero hat in ihrer Heimat Mexiko selbst Schlimmes erlebt. Sie erlitt nach eigenen Worten Haft und Folter als "Rache" für ein Aufdeckerbuch. "Doch sie konnten mich nicht zum Schweigen bringen", sagte sie in Erinnerung an ihre traumatischen Erfahrungen. Die Mexikanerin lebt heute in Spanien.

Free Media Pioneer Award an "The Wire" aus Indien

In der abendlichen Feierstunde wurde vom IPI gemeinschaftlich mit der Organisation International Media Support (IMS) auch der "Free Media Pioneer Award" vergeben. Er ging an die indische Publikation "The Wire". Diese reflektiere "Integrität und Gerechtigkeit" und wolle armen Menschen Zugang zur Digitalisierung verschaffen, sagte Gulnara Akhundova vom IMS. "Wire"- Gründungsmitglied Siddharth Varadarajan und die Redakteurin Sangeeta Barooah waren nach Wien gekommen. Die so genannte "größte Demokratie der Welt" stehe unter hohem Druck, konstatierte Varadarajan.

Ulrike Butschek, Leiterin der Abteilung Menschenrechte und Volksgruppenangelegenheiten im Außenministerium, unterstrich den hohen Stellenwert der freien Presse. Gerade im Zusammenhang mit neuen technischen Entwicklungen spielten Medien eine wichtige Rolle; denn da bestehe die Gefahr, dass ethische Grundsätze verletzt werden. Die Medien dürften diesen technischen Wettbewerb nicht verlieren, warnte die österreichische Diplomatin.

Am Freitag, dem Schlusstag des IPI-Kongresses, treffen die internationalen Medienvertreter im Rathaus zu weiteren Sitzungen zusammen. Auf dem Programm stehen unter anderem ein Online-Gespräch mit der Vizepräsidentin der EU-Kommission, Vera Jourova, eine Diskussion über Strategien für den Widerstand und die Mediensituation in Mitteleuropa. (APA, 17.9.2021)