Foto: Domino Records

Ein wenig muss man an Bob Seger und seine Silver Bullet Band denken. Denn stellenweise streift Matthew E. White den 1970er-Softrock, wenngleich er zu aufgedreht ist, um den Vergleich letztlich gelten zu lassen. Daran lässt sich bereits ablesen, White ist schwer zu fassen. Das spiegelt sich in seinem Output der letzten Jahre und in seinem neuen Album K Bay.

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Der 39-Jährige aus Richmond, Virginia, streift vieles, das als eher wenig cool eingestuft wird. So erging er sich auf seinem Album Big Inner in Mantras über Jesus, die nach schwerer Hirnwäsche geklungen haben – im Sündergewand im Sound eines verstrahlten 1970er-Soul. Heuer hat er eine Zusammenarbeit mit Lonnie Holley veröffentlicht, deren Ergebnisse im Graubereich von Jazz und Prog Rock zu liegen kamen. Nun legt er schon wieder nach.

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K Bay ist eine verspielte Sammlung seltsamer Songs. Wieder streift er durch die Geschichte der Popmusik, kreuzt klassisches Songwriting mit früher Rap-Musik oder geht in die Disco – ist immer und durchgehend aufgeregt, egal, ob er Bläser einsetzt oder Video-Game-Klänge oder Songs spielt, die sich über sieben Minuten dehnen, ohne dass sie sich ziehen.

Seine Aufregung vermittelt sich über schnelle Beats in Let’s Ball oder die Riffs in Nested, die er auf den brummenden Groove legt. Das ergibt einen verklemmten Funk, zu dem White seine Stimmungslagen mitteilt. Weiters kredenzt er 1980er-Thriller-Soundtracks oder gibt den Randy Newman in Only In America … Das liest sich vielleicht wie ein viel zu reichlich gedeckter Tisch, aber es funktioniert dennoch ganz vorzüglich. (Karl Fluch, 18.9.2021)