Theresa Bacher (25) leitet eine Filiale des Bestattungsunternehmens Himmelblau in Wien-Döbling. Die Särge im Besprechungsraum fallen ihr gar nicht mehr auf, sagt sie. Ihre Arbeitszeit verbringt sie aber meist vor dem Bildschirm.

Foto: Andy Urban

Ich arbeite seit ungefähr zweieinhalb Jahren bei der Bestattung Himmelblau. Davor habe ich eine Lehre als Konditorin abgeschlossen, ich wollte aber immer schon Bestatterin werden. Das Interesse an dem Beruf war schon früh da. Ich habe mich aber lange nicht getraut, dem auch wirklich nachzugehen.

Als ich eines Tages an der Filiale im 18. Bezirk in Wien vorbeigegangen bin, bin ich einfach reingekommen und habe gefragt, wie ich Bestatterin werden kann, und mich dann direkt beworben. Im Gegensatz zu Deutschland ist Bestatter in Österreich kein Lehrberuf. Hier wird man direkt im Betrieb angelernt und erhält bei dem jeweiligen Bestattungsunternehmen eine Grundausbildung. Danach gibt es die Möglichkeit, Fortbildungen zu machen. In unserem Unternehmen wird vor allem Wert darauf gelegt, die Stärken der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu fördern. Wenn man möchte, kann man auch die Bestatterprüfung ablegen, die ist notwendig, wenn man ein eigenes Bestattungsunternehmen gründen möchte oder näher an den Verstorbenen arbeiten will.

Bestattung als Bürojob

Unsere Arbeit ist in Innen- und Außendienst aufgeteilt. Meine Aufgaben im Innendienst umfassen die Betreuung der Hinterbliebenen und die Organisation des Begräbnisses. Ich habe durchaus geregelte Arbeitszeiten, aber wenn sich Angehörige melden, bin ich immer erreichbar. Man kann nicht vorhersehen, wann ein Todesfall eintritt, deswegen bin ich rund um die Uhr für die Familien da.

Beschäftigte im Außendienst holen die Verstorbenen von zu Hause, aus dem Pflegeheim oder dem Krankenhaus ab. Danach wird die Totenversorgung von ihnen übernommen, also das Vorbereiten und Anziehen der Verstorbenen. Ebenso gehört die Betreuung der Familien am Tag der Bestattung zu den Aufgaben. In unserem Unternehmen arbeiten mehr Männer im Außendienst und mehr Frauen im Innendienst. Ich helfe zwar manchmal bei der Totenversorgung. Meine Arbeitszeit verbringe ich aber hauptsächlich hier in der Filiale vor dem Bildschirm. Ich beantworte Anfragen von Familien per E-Mail oder buche Termine bei den Friedhöfen. Ohne Computer wäre mein Job gar nicht mehr möglich.

Vorurteile im Arbeitsalltag

Was man für den Job mitbringen muss? Eine gewisse Reife gehört meiner Meinung nach dazu, um mit dem Thema Tod umgehen zu können. Natürlich hilft dabei auch Erfahrung, und vieles lernt man mit der Zeit. Mit dem Alter hat das aber nicht unbedingt zu tun, viele meiner Kolleginnen und Kollegen sind so alt wie ich oder sogar jünger. Bei dem Beruf denken viele eher an einen älteren Mann und sind dann überrascht, wenn eine junge Frau vor ihnen steht. Manchmal kommen Leute herein und fragen nach ‚dem Bestatter‘, weil sie denken, ich bin die Empfangsdame.

Empathie ist in diesem Job natürlich besonders wichtig. Jede Familie, die zu uns kommt, ist anders. Die Betreuung ist sehr individuell, und man muss Bedürfnisse gut erkennen können. Und ganz wichtig: Organisationstalent. Jede Bestattung ist wie ein Event, der viel Vorbereitung braucht.

Nachhaltigkeit in der Branche

Die Särge in unserem Besprechungsraum nehme ich eigentlich gar nicht mehr wahr. Über den Tod denke ich seit meiner Arbeit hier bestimmt öfter nach als zuvor. Aber in Wahrheit denkt doch jeder über das Thema nach, es ist nur nach wie vor ein Tabu, darüber zu sprechen. Für den Dialog möchten wir eine Plattform bieten. Vor allem im Sinne der Vorsorge und des Umgangs damit. Wenn Hinterbliebene wissen, was sich Verstorbene gewünscht haben, hilft ihnen das oft in dieser schweren Zeit.

Auch über meine eigene Bestattung habe ich mir schon Gedanken gemacht. Mein Wunsch ist aber derzeit in Österreich noch nicht möglich. Es gibt eine Bestatterin in den USA, deren Arbeit ich auf Social Media verfolge, die eine Form der Bestattung entwickelt hat, um Verstorbene zu kompostieren. Das klingt jetzt zunächst sehr hart, aber mit dieser reichhaltigen Erde können Bäume gepflanzt werden. Den Gedanken, dass daraus wieder Neues entsteht, finde ich schön. Außerdem ist Nachhaltigkeit auch in unserer Branche ein Thema. Feuerbestattungen und Naturbestattungen finden immer häufiger statt.

Keine "Krisengewinner"

Wenn ich im privaten Umfeld von meinem Beruf erzähle, reagieren die Leute unterschiedlich. Ältere Menschen sind meist irritiert. Leute in meinem Alter sind eher neugierig und stellen viele Fragen. Und das trifft sich ganz gut, denn ich rede sehr gerne über meinen Job. Eine Annahme, die mich aber stört: Aktuell denken viele, dass wir als Bestattungsunternehmen von Corona profitiert hätten.

Dabei sind wir mit der Tatsache konfrontiert, dass viele Familien sich nicht richtig von den Verstorbenen verabschieden konnten, und das macht unsere Arbeit oft sehr schwer. Teilweise waren wir in dieser Zeit überarbeitet – wie auch andere systemrelevante Berufsgruppen. Ich sehe uns definitiv nicht als ‚Pandemiegewinner‘. Am schwersten fällt mir mein Job, wenn Familien einen tragischen Todesfall erlebt haben. Da fühlt man natürlich mit. Dafür ist es umso schöner zu sehen, wenn ich helfen konnte. (Anika Dang, 21.9.2021)