Sigrid Eckhardt ist Head of Corporate Affairs & Sustainability und Corporate Influencerin für Österreich. Sie lebt mit ihrer Familie (zwei Kinder) in Niederösterreich.

Foto: Christina Haeusler

Danone, einer der weltgrößten Lebensmittelkonzerne in den Bereichen Milchprodukte, Wasser und Spezialnahrung und eine der wichtigsten europäischen Aktien (CAC 40, Euro Stoxx), versucht seit Jahren, eigene freiwillige Nachhaltigkeitsziele zu kommunizieren. Die Initiative "Too Good To Go" will gegen Lebensmittelverschwendung angehen, "Teller statt Tonne" das Wegwerfen minimieren. Bis 2025 sollen die eigenen Lebensmittelverluste in der Konzernkette mit rund 25 Milliarden Euro Umsatz und rund 102.000 Mitarbeitern durch innovativere Planung und effizientere Logistik um die Hälfte reduziert werden.

In Österreich ist die Ernährungswissenschafterin Sigrid Eckhardt nicht nur Unternehmenssprecherin und Chefin für Nachhaltigkeit, sondern auch Corporate Influencerin. Sie möchte sich sogar als "Umweltaktivistin" bezeichnen.

STANDARD: Was tun Sie als Corporate Influencerin?

Eckhardt: Ich kommuniziere unsere Umweltziele. Herzstück ist die strenge B-Corp-Zertifizierung, die wir uns auferlegt haben – da gibt es nicht mehr viel rechts und links, da steckt aufwendiges Assessment dahinter. Dazu versuche ich, auch Branchenmitglieder ins Boot zu holen und politische Prozesse mitzugestalten – etwa die Senkung der Mehrwertsteuersätze auf pflanzliche Ernährung. Ich engagiere mich für flexitarische Ernährung und versuche, Hilfestellungen zu bieten, wie ich als Konsumentin und Konsument Nachhaltigkeit unterstützen kann, mich bewusst ernähren kann – ganz praktisch.

STANDARD: Ist solches Influencing vonseiten eines Konzerns auf Social Media und auf Veranstaltungen glaubwürdig? Oder ist es ein schlauer Move, die generische "Gegenseite" der Konzernwelt, also die Aktivisten, in die Unternehmensaktivitäten einzugemeinden?

Eckhardt: Wir sind eines der wenigen Unternehmen, die Nachhaltigkeit ökologisch und sozial in der Satzung und in den Bonuszielen haben. Die Frage, die ich mir stelle, ist: Welche Welt will ich unterstützen? Ich bin aus sehr persönlichen Motiven in diese Rolle gewachsen, versuche ein umweltbewusstes Leben mit pflanzenbasierter Ernährung mit meiner Familie zu führen. Es geht mir um bewusstes Gestalten, dazu will ich von Mensch zu Mensch als Corporate Influencerin anregen. Zudem bin ich überzeugt, dass wir in ein paar Jahren nicht mehr wettbewerbsfähig sind, wenn wir Nachhaltigkeit nicht wirklich integrieren und transparent nachverfolgbar machen. Es geht ja nicht darum, dass ich mich hinstelle und sage: Wir haben die weißeste Weste. Es ist einfach dringend nötig, dass jede und jeder einen Beitrag leistet, nur so können wir es schaffen. Dafür ist es nötig, in Diskussion zu gehen – das mache ich.

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Eckhardt: Ja, Konsumentenkommunikation ist eine Gratwanderung. Ich will es immer versuchen – und ich habe einen breiten Buckel!

STANDARD: Gibt es eine Erfolgsformel dafür?

Eckhardt: Das Wie der Kommunikation ist zentral. Es geht darum, Lösungen anzubieten, aber keine Verbote auszusprechen.

STANDARD: Nochmals zurück zur Konzernrolle und dem Anspruch, Umweltaktivistin zu sein: Sind das nicht unvereinbare Gegensätze?

Eckhardt: Es führt nur der kollaborative Ansatz in die Zukunft. Die Rollenverteilung in Gut und Böse führt nirgendwohin. In Konzernen selbst ist doch für Aktivistinnen und Aktivisten am meisten zu tun. Die Vertrauenskurven (Edelman Trust Barometer, Anm.) weisen auch in diese Richtung, die Wirtschaft verzeichnet steigende Vertrauenswerte. Mir geht es um eine schrittweise Änderung der Jetzt-Generationen. Die kommenden Generationen wachsen ja schon ganz anders auf.

STANDARD: Verzichten Sie persönlich auf etwas?

Eckhardt: Auf unbewussten Konsum. Ich frage mich: Brauche ich das? Vielleicht bin ich eine naive Optimistin, aber wenn wir dieses Bewusstsein fördern können, bin ich überzeugt, dann ist der Planet zu retten. (Karin Bauer, 23.9.2021)