Der Schulalltag hat uns alle wieder. Im Sommer fand zum zweiten Mal die Sommerschule statt. Über ihre Erfahrungen sprechen eine Mutter, ein Lehrer und Mittelschul-Schülerinnen und -Schüler, die die Sommerschule besucht haben.

Medine, Sarah, Enes, Osman, Marco, Hadja, Liviana und Elisabeth*

  • Warum wart ihr in der Sommerschule?

„Meine Eltern haben mich gezwungen. Ferien sind besser.“

„Meine Eltern haben gesagt, wenn du willst, geh. Ich bin gegangen, weil ich meine Noten verbessern will.“

„Ich muss lernen!“

„Ich kann nicht gut Deutsch.“

  • Was habt ihr gelernt?

„Der Lehrer hat gefragt, wo ich Schwierigkeiten habe. Ich habe Deutsch gemacht, Mathe ist eh einfach. Ich habe Märchen und Geschichten geschrieben.“

„Wir haben Englisch und ein bisserl Mathe gemacht.“

„7 bis 11 Uhr lernen und dann eine Stunde Turnsaal.“

„Ich hatte die Artikel vergessen, also der die das, jetzt weiß ich es wieder.“

„Wir haben gelernt und manchmal gespielt.“

„Wir haben in Deutsch gut gelernt.“

  • Was gibt es sonst noch zur Sommerschule zu sagen?

„Sommerschule war eh chillig, besser als zu Hause sitzen oder nur im Park sein.“

„Eine Woche ist genug, nur Deutsch und Mathe.“

„Beim Seilziehen haben die Mädchen gewonnen, sie waren mehr.“

„Nächstes Jahr würde ich gehen, wenn es nur eine Woche ist.“

„Am Donnerstag haben wir was gebacken, das haben wir dann gegessen. Am letzten Tag waren wir im Prater.“

„Am ersten und zweiten Tag waren wir alle schüchtern. Am dritten Tag sind wir wieder normal gewesen.“

„Es waren alle urverrückt, die waren wie unsere Klasse.“

„Manche haben geschlafen die letzten zwei Wochen. Und wir sind so um sechs oder sieben Uhr aufgestanden. Wir haben Glück, dass wir früher begonnen haben, vor dem Schulbeginn.“

Wie lauten die Résumés aus der zweiten Runde Sommerschule?
Foto: Regine Hendrich/Der Standard

Frau Berger*

Frau Berger ist Mutter von drei Kindern, ihre beiden Töchter wollten oder sollten die Sommerschule besuchen.

„Zwei meiner drei Kinder wurden oder waren in der Sommerschule angemeldet, wie immer man das nennen möchte. Bei der Älteren ist es gleich schiefgegangen, entweder hat sie die Anmeldung nicht direkt abgegeben oder sie ging tatsächlich 'verloren'. Ich hatte als Mama jetzt nicht direkt eine Handhabe oder Kontrolle darüber. Dafür ist sie jetzt für einen Haufen Geld in einem renommierten Nachhilfeinstitut, sie hat zwei Nachprüfungen. Bei der Jüngeren kam die Teilnahmebestätigung nach elendslanger, absoluter informationsloser Funkstille am 16. Juli daher. Und dann hatten wir das Pech, dass sie in der dritten August-Woche unerwartet ins Krankenhaus musste. Ich hatte kein gutes Gefühl dabei, meine Tochter fünf Tage nach dem Krankenhausaufenthalt gleich wieder in die Schule zu schicken. Ich habe sie krank gemeldet. Dann konnte sie gar nicht mehr hingehen, weil das Konzept offenbar auf 'alles oder nichts' ausgerichtet ist. Es müssen alle zwei Wochen besucht werden, weil es angeblich ein projektbezogener Unterricht sei. Prinzipiell verstehe ich das schon, aber für meine Tochter war diese Situation mehr als deppert. Ich wollte, dass sie, ob ihrer Noten, zumindest eine Art Update in der Sommerschule bekommt. Die Alternative wäre gewesen, dass sie, so wie ihre Schwester, auch die Dienste des Nachhilfeinstituts, wieder für einen Haufen Geld, in Mathe in Anspruch nimmt.

Mein Fazit ist, organisatorisch war es mit der Sommerschule eher mühsam und undurchsichtig. Fast habe ich den Eindruck, man möchte Menschen dafür strafen, dass sie ein Gratis-Angebot in Anspruch nehmen wollen. Online gibt es kaum Informationen. Auf meine schriftliche Anfrage, wie denn die Vorbereitung auf eine Nachprüfung erfolgen würde, kam eine unbrauchbare Antwort zurück. Als schwierig hat sich die Korrespondenz im Allgemeinen herausgestellt. Bei sämtlichen Mails musste ich zuerst einmal unendlich lang scrollen, bis ich zur eigentlichen Antwort gelangt bin. Es gäbe sicher die Möglichkeit, das Ganze auch über eine Online-Plattform übersichtlich und damit benutzerfreundlicher zu gestalten. Schließlich sollte doch die Ambition sein, alle Familien, unabhängig vom Bildungshintergrund, zu erreichen. Was uns bleibt, ist das Nachhilfeinstitut, das uns das Gefühl vermittelt hat, man würde sich um unsere Anliegen kümmern. Warum das die öffentliche Hand nicht schafft, frage ich mich schon. Vielleicht soll Eltern vermittelt werden, dass sie selbst an schulischen Problemen ihrer Kinder schuld seien. Für uns war es das dann mit Sommerschule, fürchte ich.“

Benjamin* ist BHS-Lehrer in Wien

"Sommerschule -  eine interessante Erscheinung der Coronapolitik. Angedacht, um Schülerinnen und Schüler eine zusätzliche Lernmöglichkeit angesichts der Corona-Lockdowns zu bieten. Vergangenes Jahr wurde sie an unserer Schule (HAK) von Studierenden durchgeführt. Dafür bekamen sie ECTS-Punkte. Sie konnten sie als Wahlfach anrechnen lassen. Ich glaube, es war grundsätzlich ein smarter Move vonseiten des Bundesministeriums. Günstigere Arbeitskräfte gibt es wohl kaum.

Heuer wurde die Sommerschule von schuleigenen Lehrerkräften organisiert und gehalten, entgeltlich. Die Bereitschaft im Kollegium hielt sich in überschaubaren Grenzen. Einige wenige meldeten sich nach persönlicher Anfrage. Für die 1. und 2. Jahrgänge der HAS und der HAK wurden Kurse gestaltet. Deutsch, betriebswirtschaftliche Fächer und Mathe bildeten die Schwerpunkte. Schülerinnen und Schüler erhielten je nach Jahreszeugnisnote und persönlichem Anraten der entsprechenden Fachlehrerkräfte eine Einladung. Freiwilligkeit war das Stichwort. Mit Druck wurde sie erreicht. Einige nahmen es dankend an, andere sträubten sich stärker. Unmut gab es vonseiten der Schülerinnen und Schüler vor allem hinsichtlich des Aufbaus. So mussten Schülerinnen und Schüler die ganze Woche mehrere Fächer besuchen, obwohl sie nur in Rechnungswesen verstärkten Lernbedarf beziehungsweise eine Einladung bekommen hatten.

Die Durchführung selbst verlief aus meiner Sicht gut. Das Angebot wurde von jenen, die kamen – und das waren doch zwei Drittel – wohlwollend und gut gelaunt angenommen. Auch meine Kolleginnen und Kollegen berichteten von einem positiven Lernklima und einer sichtbaren Lernbereitschaft. Ob jedoch eine Woche mit je vier Stunden Übungszeit entsprechende Wissenslücken schließen, stelle ich stark in Zweifel. Vielmehr ist es, wie so oft in der Bildungspolitik, ein Tropfen auf den heißen Stein. Eine Symptombekämpfung statt einer Systemänderung. (Schulgschichten, 1.10.2021)

*Namen geändert

Weitere Beiträge im Blog