Grünes Licht für weitere Baukostenüberschreitungen gibt es beim Brenner Basistunnel.

Foto: APA / Expa / Johann Groder

Wien – Mit der Verspätung steigen die Kosten des Brenner Basistunnels (BBT). Zehn Monate nach dem Zerwürfnis über ein knapp eine Milliarde Euro schweres Baulos auf der Tiroler Seite des Bahntunnels hat die BBT SE eine Aktualisierung des Bauprogramms vorgelegt. Wenig überraschend sind die Gesamtkosten des Jahrhundertbauwerks zwischen Innsbruck und Franzensfeste erneut gestiegen.

Der Streit mit dem Konsortium Arge H51 unter Führung des Baukonzerns Porr, der vor zehn Monaten im Entzug des Bauloses seinen vorläufigen Höhepunkt erreichte, ist damit zumindest vorläufig in Zahlen gegossen: Mit 9,5 Milliarden Euro gibt die BBT SE die Gesamtkosten des mehr als 60 Kilometer langen Tunnels zwischen Innsbruck und Franzensfeste nun an. Das seien um 200 Millionen Euro mehr, die vom Aufsichtsrat und damit von den Eigentümern Österreich und Italien genehmigt wurden, teilte die BBT SE mit.

Corona und Baukosten

Darin enthalten seien nicht nur die Auswirkungen der Pandemie, sondern auch die neue Bauloseinteilung, das Fertigstellungsdatum und die bisher eingetretene und zu erwartende Inflation berücksichtigt worden, versicherte die Tunnelgesellschaft.

Mit der Materie befasste Tunnelbauer halten dies jedoch für sehr konservativ, um nicht zu sagen, zu optimistisch. Unter Eingeweihten ist von bis zu einer Milliarde Euro an Mehrkosten die Rede. Im Mai hatte noch eine halbe Milliarde Euro die Runde gemacht.

Fast zehn Milliarden nur für den Bau

Die Gesamtprojektkosten bestehen laut Aussendung aus aktualisierten Bauwerkskosten in Höhe von 7,7 Milliarden Euro und einer Risikovorsorge für allfällige geologische und bauliche Überraschungen, die die Kosten weiter in die Höhe treiben könnten. Gemäß ÖBB-Rahmenplan werden Projekte stets mit 2,5 Prozent vorausvalorisiert. So ergeben sich Kosten in Höhe von 9,5 Milliarden Euro. 2017 hatte man noch mit Gesamtkosten von 9,3 Milliarden gerechnet.

Die BBT-Baustelle Ahrental in Tirol ist sehr exponiert.
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Zum Vergleich: 2007 waren die Baukosten des stets umstrittenen Projektes noch auf sechs Milliarden Euro kleingerechnet wurden, zu denen noch Finanzierungskosten von mindestens drei Milliarden Euro hinzukämen.

Rechnung auf italienisch

Auf der italienischen Seite finden sich diese Zahlen übrigens so nicht wieder. Denn bei italienischen Bauaufträgen wird das Risiko zwar ebenfalls eingepreist, allerdings auf Basis der statistischen Wahrscheinlichkeit. Vereinfacht ausgedrückt werde beispielsweise hochgerechnet, wie wahrscheinlich Unvorhergesehenes wie zum Beispiel Wasser- oder sonstige Einbrüche sind. Oder wie viele Kilometer Tunnelwand aufgrund der Geologie in der teuersten Dicke bzw. Stärke notwendig sind und wo der Aufwand geringer gehalten werden kann, skizziert ein Bauingenieur das Prozedere.

Nachdotierungen im Fall der berühmten, vom Rechnungshof stets im Nachhinein kritisierten Kostenüberschreitungen wie in Österreich üblich seien in Italien nicht so einfach möglich. Kolportiert werden ebendort Gesamtprojektkosten von 8,8 Milliarden Euro. Man habe es eben mit komplexen Herausforderungen zu tun, betonten die BBT-SE-Vorstände Martin Gradnitzer und Gilberto Cardola.

Der Fertigstellungstermin blieb übrigens unverändert, er wurde, wie berichtet, bereits im Vorjahr auf 2032 verschoben. (ung, 18.9.2021)