Andreas Gabalier.

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Wenn es um wirklich wichtige Ereignisse geht, die Nation gewissermaßen auf ihrem Prüfstand steht, dann lassen "Kurier" und "Kronen Zeitung" jedes journalistische Konkurrenzdenken um die heißeste Story eines Wochenendes fahren und kuscheln sich in einer Parallelaktion aneinander, als ginge es um nichts Geringeres als um Andreas Gabalier. Und jetzt Überraschung – es geht um Andreas Gabalier. Da musste schon am Sonntag zuvor angekündigt werden, was dieses Wochenende passieren soll. Es wird in einem Aufwaschen in die Geschichte des Alpinismus und die Geschichte der Musik eingehen, denn Musiker Andreas Gabalier ist jener Prominente, der in der Seilschaft von SchauTV und krone.tv Live den Großglockner besteigen wird, so der "Kurier" genau eine Woche vor dieser Erstbesteigung.

Denn um eine solche handelt es sich. Die Erklärung für dieses Kletterkunststück lieferte am selben Tag die "Krone", wo es verträumt hieß: Einmal auf dem höchsten Punkt Österreichs zu stehen, davon träumen viele, auch Andreas Gabalier, der kommendes Wochenende live auf krone.tv den Gipfel erklimmen will. Mit dieser Aktion zweier Fernsehanstalten soll dem Skandal öffentlich ein Ende gemacht werden, dass der höchste Punkt Österreichs bisher von Gabalier unbestiegen geblieben ist. Dabei sind Berge ein Teil meines Lebens, ich war am Dachstein und Großvenediger, mit dem Großglockner-Gipfel hat es aber noch nicht geklappt, so der Volks-Rock’n’Roller, den die "Krone", wie es der Zufall will, beim Wandern auf seinem Hausberg, dem Zirbitzkogel, traf.

Inspiration statt Transpiration

In beiden Blättern wurde die berührende Story von dem Team Hannes Wallner und Anja Kröll zubereitet, wovon Ersterer als "Krone"-Redakteur identifiziert, Letztere der Anonymität preisgegeben wurde. Der Sinn dieser Werbung fürs Fernsehgeschäft liegt darin, dem Volk klarzumachen: Die Berge sind für Andreas nicht nur Inspiration und sorgen für Kondition, sondern liefern auch viel spirituelle Energie, wo gewöhnliche Menschen höchstens Transpiration vermutet hätten.

"Ich zünde auf den Gipfeln immer wieder das eine oder andere Kerzerl an, damit bei den Konzerten alles gutläuft und die vielen Hunderttausenden Leute, die dorthin kommen, um mich singen zu hören, auch wieder gesund heimkommen." Was bei der Glückstrunkenheit, die sein Gesang erzeugt, keine Selbstverständlichkeit ist.

Im "Kurier" variierten Hannes Wallner und Anja Kröll die unbedingt unterzubringende Passage mit den Kerzerln so: Ich habe schon oft das eine und andere Kerzerl am Gipfel bei Unwettern angezündet, dass in den Stadien, bei den Tourneestarts immer alles gut geht. Wir sind auch sehr religiös von den Großeltern und Eltern erzogen worden, haben schöne Kirchengemeinschaften mit auf den Weg bekommen, und deshalb habe auch ich so meine kleinen Kerzerlrituale. Und dann folgt die in schönen Kirchengemeinschaften erforderliche Demutsgeste: Der Heiligenschein fehlt mir aber. Ob ihm das seine Fans abnehmen?

"Naturbotschafter Österreichs"

Nach der Klärung der Religiosität musste die Natur an die Reihe kommen. Trotz fehlendem Heiligenschein kann der Volks-Rock-’n’-Roller in der "Krone" von sich sagen: "Ich sehe mich als Naturbotschafter Österreichs!" Österreichs Diplomatie unter einem Außenminister Schallenberg könnte von ihm und seinen kleinen Kerzerlritualen vor Ort profitieren.

Im "Kurier" gingen Wallner-Kröll dem Naturgefühl des Alpen-Elvis tiefer auf den Grund. Auch hier durfte die Maxime nicht fehlen: "Willst du die Welt verändern, dann musst du vor der eigenen Haustüre beginnen." Aber als Zusatzleistung wird noch geboten: Die Milch kommt nicht aus dem Supermarktregal. Die kommt vom Land. Da gibt es ganz, ganz fleißige Bauern, die zwei Mal am Tag in den Stall gehen.

Und übrigens: Am Glockner soll auch musiziert werden. Ich werde meine Gitarre und meine Harmonika vielleicht sogar mitschleppen. Und vielleicht, schwant es der "Krone", vielleicht gibt es bald einen neuen Glockner-Song. Das wird sich nach diesem Wochenende wohl nicht mehr verhindern lassen, aber schuld sind die Berge. Der Sänger sieht klar die Parallelen seines alpinistischen und seines musikalischem Gipfelsturms. "Es ist eine Sucht, ein Drang, ganz hinaufzukommen. Mit viel Einsatz, Disziplin und starkem Willen füllen wir inzwischen ganze Fußball-Stadien. Und da sind die Berge, wo ich meine Wurzeln habe, von denen ich oft erzähle, singe und schreibe, maßgeblich mitverantwortlich." Endlich sind die Schuldigen gefunden. (Günter Traxler, 18.9.2021)