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Am 6. Jänner stürmten Trump-Anhänger das Kapitol in der US-Hauptstadt ...

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... mehrere Monate danach muss es wieder vor Rechten geschützt werden.

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"Ich bin Jesus Christus" hat sich dieser Demonstrant auf die Brust geheftet.

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Der Zaun, am oberen Ende mit gewundenem Stacheldraht versehen, steht wieder rund um das Kapitol. Dieses Mal sind auch die Polizei und die Nationalgarde in Washington mobilisiert. Das FBI warnt vor möglichen Gewalttaten. Aber die Spitzen von zwei größeren rechtsextremen Organisationen, die am 6. Jänner den Sturm auf den US-Kongress angeführt haben – Proud Boys und Oath Keepers –, wollen der US-Hauptstadt am Samstag fernbleiben.

Auch die republikanischen Abgeordneten vom radikal rechten Rand, für die die Männer und Frauen vom 6. Jänner zu "Patrioten" avanciert sind, halten sich bedeckt. Und Ex-Präsident Donald Trump warnt seine Anhänger: "Dies ist eine Falle."

Unter dem Motto "Gerechtigkeit für den 6. Jänner" ("Justice for J6") hat der frühere Trump-Mitarbeiter Matt Braynard zu der neuen Demonstration am Kapitol aufgerufen. Er will Solidarität mit den "politischen Gefangenen" zeigen. Bei einer Demonstration vor den Vereinten Nationen in New York in diesem Sommer hat er behauptet, sie würden "schlechter behandelt als die Insassen von Guantanamo". Ashli Babbitt ist für ihn eine Märtyrerin. Die 35-Jährige ist bei dem Versuch, im Inneren des Kapitols eine Barriere zu den Abgeordneten zu überwinden, von einem Polizisten erschossen worden.

Viel Geld, wenige Menschen

Braynard nennt die Lage der inhaftierten Kapitolsstürmer "das große Bürgerrechtsthema unserer Zeit". Bei Spendensammlungen für seine Aktionen brachte er hunderttausende Dollar zusammen. Aber seine Demos – sowohl vor dem Gefängnis als auch vor dem Justizministerium in Washington – zogen nur wenige Leute an.

Mehr als 560 Personen, die an dem Sturm auf das Kapitol teilgenommen haben, sind inzwischen angeklagt. Nach weiteren fahnden die Ermittler noch. Ziel des Kapitolssturms war es, die Zertifizierung des Ergebnisses der Präsidentschaftswahlen – und Bestätigung von Joe Biden als künftigem Präsidenten – zu verhindern.

Trump hatte in den Wochen zuvor täglich von "Wahlbetrug" gesprochen und zahlreiche Verfahren angestrengt. Kein Richter ließ solch eines zu. In den Wochen, in denen Trump das ideologische Terrain für den 6. Jänner vorbereitete, stellte Braynard Listen über angebliche Wahlfälschungen zusammen. Viele davon erwiesen sich schon bei oberflächlicher Betrachtung als falsch.

Erfolgreiche Grabenarbeit

Dennoch war die Grabenarbeit erfolgreich. Zehn Monate nach den Wahlen glaubt die Mehrheit der Republikaner an einen "gestohlenen Wahlsieg" von Trump. Zugleich hat sich das Bild des Sturms in der republikanischen Öffentlichkeit radikal gewandelt. Viele sprechen jetzt von einem "Protest" und bezeichnen die Aufrührer als "Touristen, die das Kapitol besuchen wollten". Der Ex-Präsident schürt das Misstrauen gegen die Demokratie. Während er vor einer Teilnahme an der Demonstration an diesem Samstag warnt, spricht er von den "manipulierten Wahlen".

Die Vorwürfe gegen die Kapitolsstürmer reichen von Hausfriedensbruch über Verschwörung bis zur Verhinderung einer Wahl und zu Gewalt gegen Polizisten. Von den Angeklagten sind die meisten längst wieder zu Hause. Ein paar Dutzend haben sich als "schuldig" bekannt. Viele benutzten den Trick, sich wegen kleinerer Ordnungswidrigkeiten zu bekennen, damit im Gegenzug die schwereren Vorwürfe gegen sie fallengelassen wurden.

Die schwersten Vorwürfe richten sich gegen Proud Boys und Oat Keepers, die die Aktion angeführt haben. Die Proud Boys, eine antisemitische und einwandererfeindliche reine Männerorganisation, hatten vor Tag X Material – darunter kugelsichere Westen und Walkie-Talkies – gesammelt. Ihr Chef Enrique Tarrio trat Anfang des Monats eine fünfmonatige Haftstrafe wegen Brandstiftung an einer Kirche in Washington, die Black Lives Matter unterstützt, an.

Jagd auf Flüchtlinge

Auf seinem Weg ins Gefängnis sagte Tarrio: "Wir werden am 18. September nicht dabei sein." Aber seine Organisation ist kein monolithischer und berechenbarer Block. Erst am vergangenen Wochenende klebten Leute, die sich als Proud Boys ausgaben, Zettel an die Universität von Michigan, die sie "Jagdscheine gegen afghanische Flüchtlinge" nannten. Die örtlichen Spitzen der Proud Boys sprachen von "Idioten, die nicht zu uns gehören". (Dorothea Hahn aus New York, 18.9.2021)