Oliver Holle gründete vor zehn Jahren den Risikokapitalgeber Speedinvest. Viel Konkurrenz hat er in Österreich seither nicht.

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Begonnen hat es mit zehn Millionen Euro und vielen Ratschlägen, die Hände vom Risikokapital zu lassen. "Gut, dass ich nie darauf gehört habe", sagt Speedinvest-Gründer Oliver Holle. Das war vor zehn Jahren, mittlerweile hat seine Firma rund 350 Millionen Euro in mehr als 250 Start-ups investiert. Speedinvest hat sich in einem Jahrzehnt zu einem der führenden Frühphaseninvestoren in Europa entwickelt. Über diverse Fonds investiert man in aussichtsreiche Geschäftsmodelle.

Mittlerweile befinden sich mit Bitpanda und Go Student aus Wien sowie Tier und Wefox aus Deutschland vier Einhörner im Portfolio. Einhörner nennt man Unternehmen, die mit mehr als einer Milliarde Dollar bewertet sind.

Landläufige Mythen

Holle nutzte die Pressekonferenz nicht nur, um von Speedinvest zu erzählen, sondern auch, um landläufige Mythen zu entkräften. Dass Österreich bei Frühphaseninvestments gut aufgestellt ist, sei Blödsinn. "Es geht nicht darum, mit Investoren wie Softbank mitzuspielen, die geben im Quartal mehrere Milliarden aus. Aber es braucht zehn Speedinvests in Österreich."

Speedinvest hat bisher rund zwei Drittel des gesamten Risikokapitals in Österreich für Start-ups eingeworben. In den vergangenen zehn Jahren haben die heimischen Risikokapitalgeber rund 680 Millionen Euro eingesammelt. Holle wies darauf hin, dass Wien als Start-up-Standort von London, Berlin und Warschau noch weiter abgehängt wurde. Es gebe hier auch nur sechs Risikokapitalgeber. Zum Vergleich: In Berlin sind es 112, vor zehn Jahren waren es 41.

Kritik an Bürokratie

Er sparte auch nicht mit Kritik an bürokratischen Hürden im Land. Er sei es leid, immer wieder die Rot-Weiß-Rot-Karte und das unflexible Gesellschaftsrecht zu thematisieren, doch es ändere sich nichts. Die Rot-Weiß-Rot-Karte sei fast unmöglich zu bekommen, wodurch man nur schwer Talente aus dem Ausland nach Österreich bringe.

Überdies fordert die Start-up-Community gebetsmühlenartig eine Alternative zur klassischen GmbH und Mitarbeiterbeteiligungen. Auf politischer Ebene wird die neue Gesellschaftsform Austria Limited zwar bereits länger thematisiert, passiert ist bisher aber nichts.

Optimismus

Dennoch versprüht Holle Optimismus: "Das hat nichts mit der Politik, sondern den Start-ups zu tun." Im Portfolio habe man zehn weitere Jungunternehmen, denen eine gute Chance eingeräumt werde, bald den Einhorn-Status zu erreichen. Mehr als die Hälfte dieser Start-ups hätten ihren Sitz in Österreich oder Deutschland.

Bisher hat sich Speedinvest rund 14-mal gewinnbringend von Beteiligungen getrennt. Der größte Exit gelang mit dem Wiener Kleinanzeigenplattform Shpock, das beim Verkauf an den norwegischen Medienkonzern Schibsted rund 200 Millionen Euro wert war. Wie viel bei den Anteilsverkäufen bisher insgesamt herausschaute, wollte der 50-Jährige nicht kommentieren.

Neuer Fonds angekündigt

Holle verlautbarte, dass Speedinvest kommendes Jahr einen neuen Fonds starten werde, eine Größenordnung verriet er nicht. Insgesamt sammelte Speedinvest bisher rund 450 Millionen Euro, damit stehen derzeit noch 100 Millionen Euro für Investments zur Verfügung. Mit an Bord sind unter anderem Russmedia, Styria, die Unternehmensgruppe Heinzel, Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz, die staatliche Förderbank AWS oder Raiffeisen, Erste Bank und Bawag.

Speedinvest investiert üblicherweise zwischen 500.000 und drei Millionen Euro und erhält dafür fünf bis 20 Prozent der Anteile. Der Hauptsitz befindet sich in Wien, weitere Niederlassungen in San Francisco, Berlin, München, London und Paris. (and, 18.9.2021)