Drei von zehn Arbeitnehmern gaben an, dass sich ihre geistige und körperliche Gesundheit in den letzten zwölf Monaten verschlechtert habe.

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Nur wer selbst gesund ist, kann auch seine Mitarbeiter gesund führen. Klingt logisch und einfach. In der Praxis ist das aber nicht immer so leicht umzusetzen, wie die weltweite Umfrage "Resetting Normal: Defining the New Era of Work" der Adecco Group zeigt. Dafür wurden über 15.000 Arbeitnehmer und Führungskräfte in 25 Ländern befragt.

Ein Ergebnis: Mehr als die Hälfte der jungen Führungskräfte (54 Prozent) leidet an Burnout. Drei von zehn Arbeitnehmern gaben allgemein an, dass sich ihre geistige und körperliche Gesundheit in den letzten zwölf Monaten verschlechtert habe. 51 Prozent der Führungskräfte gaben an, dass es schwierig sei, zu erkennen, wann Mitarbeitende unter Überarbeitung und an Burnout leiden. Und 67 Prozent der Teilnehmenden ohne Führungsverantwortung stimmten der Aussage zu, dass ihre Vorgesetzten nicht ausreichend auf ihr mentales Wohlbefinden achten. Knapp drei Viertel der Befragten erwarten von ihrem Unternehmen, sich der Thematik mentale Gesundheit verstärkt anzunehmen.

Unternehmen müssten neu bewerten, wie sie ihre Mitarbeiter im Rahmen des neuen hybriden Arbeitsmodells besser unterstützen und ihnen Ressourcen für ihr Wohlbefinden zur Verfügung stellen können, lautet die Empfehlung des Personaldienstleisters.

Platz für Persönliches

Robert Breitenecker, wissenschaftlicher Leiter der Limak Austrian Business School, sieht eine Hauptursache für die zunehmende Belastung der Mitarbeiter und Führungskräfte in dem fehlenden Rahmen für persönlichen Austausch. "Online-Meetings haben einen fixen Start und ein genaues Ende, sie sind sehr themenbezogen und effizient. Der Smalltalk, das Persönliche bleibt dabei auf der Strecke", sagt er. Und gerade über die Distanz sei es schwierig, zu erkennen, ob ein Mitarbeiter überfordert sei. "Die Herausforderung für Führungskräfte ist es, hier genügend Raum für den Austausch zu schaffen und ganz bewusst in bilateralen Meetings mit den Mitarbeitern auch darüber sprechen zu können.

Die Grundvoraussetzung dafür sei aber eine funktionierende Vertrauensbasis zwischen Führungskraft und Mitarbeiter. "Ohne Vertrauen wird es nicht gehen. Es ist dafür das beste Werkzeug, das wir haben."

Bewusst Zeit nehmen

Damit man bei all den Turbulenzen der vergangenen Monate die persönliche Gesundheit bewahren kann, mussten schon vorher die richtigen Weichen gestellt worden sein. Während einer Krise damit anzufangen sei schwierig, sagt Breitenecker. "Wer aber schon vorher in Weiterbildung investiert hat, für den notwendigen Ausgleich gesorgt und einen gesunden Lebensstil hat, sich bewusst Pausen gönnt, der schafft extreme Phasen auch leichter." Und auch in schwierigen Phasen müssen, so Breitenecker, Führungskräfte hier mit einem guten Beispiel vorangehen und trotz fordernder Zeit sich bewusst Zeit für Ausgleich und Bewegung nehmen.

Ein Ergebnis der Adecco-Umfrage zeigt auch, dass die Motivation und das Engagement auf einem Tiefstand sind, dass weniger als die Hälfte mit den Karriereaussichten in ihrem Unternehmen zufrieden sind, dass fast zwei von fünf einen Berufswechsel in Erwägung ziehen. "Gerade in Krisenzeiten ist es wichtig, Mitarbeiter mitzunehmen und zu motivieren", ergänzt Breitenecker. Was sicher eine schwierige Aufgabe sei, wenn das Unternehmen an seine Grenzen stößt und man nicht weiß, wie und ob es überhaupt weitergeht. "Dafür brauchen Führungskräfte ein gutes Stück Selbstbewusstsein", meint Breitenecker. (Gudrun Ostermann, 21.9.2021)