Im Mai 2018 besuchte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron Australien und ließ sich von Premierminister Malcolm Turnbull die HMS Waller zeigen. Das in Australien gebaute Diesel-U-Boot ist seit 1999 im Einsatz.

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Paris/Washington – Frankreich ruft wegen des Streits um ein geplatztes U-Boot-Geschäft seine Botschafter aus den USA und Australien zu Konsultationen zurück. Dieser außergewöhnliche Schritt geschehe auf Wunsch von Präsident Emmanuel Macron, teilte Außenminister Jean-Yves Le Drian am Freitagabend in Paris mit. Wegen des neuen Sicherheitsbündnisses hatte Australien überraschend den seit Jahren verhandelten Kauf französischer U-Boote aufgekündigt.

Der Streit um den geplatzten U-Boot-Deal belastet nach den Worten des französischen Außenministers Jean-Yves Le Drian die Zukunft der NATO. Der Vorfall habe Auswirkungen auf die Festlegung des neuen strategischen Konzepts der Verteidigungsallianz, sagte Le Drian am Samstag dem Sender France 2. Den Verbündeten Frankreichs warf er "Lüge" und "Doppelzüngigkeit" sowie einen schweren Vertrauensbruch vor, sie hätten eine "ernste Krise" ausgelöst.

Die Entscheidung, den 2016 besiegelten Kauf französischer U-Boote zugunsten einer Partnerschaft mit den USA und Großbritannien zu verwerfen, stelle ein inakzeptables Verhalten zwischen Verbündeten und Partnern dar, hieß es am Freitagabend in Paris. Die Konsequenzen berührten den Kern der Allianzen und Partnerschaften Frankreichs sowie die Bedeutung des Indopazifiks für Europa.

USA und Australien "betroffen"

Die USA und Australien reagierten betroffen auf die Entscheidung. "Frankreich ist ein wichtiger Partner und unser ältester Verbündeter und wir legen größten Wert auf unsere Beziehungen", sagte der Sprecher des Außenministeriums, Ned Price, in einer Erklärung. Washington hoffe, die Diskussion über das Thema in den kommenden Tagen fortsetzen zu können.

Der französische Botschafter in Australien, Jean-Pierre Thebault, zeigte sich am Samstag vor seiner Abreise schwer verstimmt: "Ich glaube, hier ist ein großer Fehler gemacht worden, ein sehr, sehr schlechter Umgang mit einer Partnerschaft", sagte er vor Journalisten. "Es ging nicht um einen Vertrag, es ging um eine Partnerschaft, die auf Vertrauen, gegenseitiges Verständnis und Offenheit fußen sollte."

Das Abkommen sieht unter anderem den Bau atombetriebener U-Boote in Australien sowie den Kauf von Tomahawk-Marschflugkörpern durch Canberra vor. Kurz nach Bekanntgabe des Abkommens hatte Canberra überraschend einen milliardenschweren U-Boot-Deal mit Frankreich aufgekündigt, was in Paris Empörung hervorrief. Der geplante Vertrag hatte ein Volumen von knapp 56 Milliarden Euro.

Neue Allianz gegen China

Es ist das erste Mal in der Geschichte der amerikanisch-französischen Beziehungen, dass Paris seinen Botschafter aus Washington zurückruft. Ein für Freitag geplanter Empfang in der Residenz des französischen Botschafters in Washington war aus Protest bereits abgesagt worden.

US-Präsident Joe Biden, Australiens Regierungschef Scott Morrison und der britische Premierminister Boris Johnson hatten zuvor eine neue Allianz verkündet, die sich nach Ansicht von Sicherheitsexperten eindeutig gegen die militärische Bedrohung durch China im Indopazifik richtet. Dazu gehört auch der Bau der U-Boote.

Biden sprach von sich "rasch entwickelnden Bedrohungen". In den kommenden 18 Monaten solle ein Weg gefunden werden, damit Australien solche modernen U-Boote bekomme. Die USA und Großbritannien würden dazu ihr Fachwissen teilen.

Wohl als Beschwichtigungsversuch hatte Biden bei der Vorstellung des Pakts bereits Frankreich als "wichtigen Partner" im Indopazifik gesondert hervorgehoben. Auch US-Außenminister Antony Blinken versuchte, die Wogen zu glätten und betonte, dass die USA "großen Wert auf diese Beziehung und Partnerschaft" mit Frankreich legten.

China, Neuseeland und Malaysia besorgt

Der US-Regierung zufolge hat Frankreich im Voraus von der Ankündigung zu der Allianz gewusst. Die französische Verteidigungsministerin Florence Parly sagte mit Blick auf mögliche Entschädigungen: "Wir prüfen alle Hypothesen und Szenarien, wir werden unsere Interessen schützen und verteidigen."

China hatte empört auf den Sicherheitspakt reagiert und darauf verwiesen, dass Australien ein Staat ohne Atomwaffen sei, der jetzt plötzlich nuklear angetriebene U-Boot-Technologie mit strategischem militärischem Wert importieren könne. Dies könne andere Staaten dazu bewegen, ihr Engagement für die Nichtverbreitung von Atomwaffen infrage zu stellen. China selbst gehört seit langem zu den Atommächten.

Auch Neuseeland zeigte sich alles andere als begeistert von dem Pakt. Ministerpräsidentin Jacinda Ardern kündigte an, dem Nachbarn mit solchen U-Booten keinen Zutritt zu gewähren. Der Pazifikstaat lehnt Atomkraft strikt ab. Und auch von der EU waren zurückhaltende Töne zu dem Deal zu hören. Der Sicherheitspakt dürfte das angespannte Verhältnis zwischen den USA und China weiter belasten. Biden war mit China zuletzt bei verschiedenen Themen wie etwa Menschenrechte immer wieder aneinandergeraten.

Malaysia git sich besorgt über den Rüstungsvertrag: "Das wird andere Mächte dazu provozieren, aggressiver in der Region vorzugehen, insbesondere im Südchinesischen Meer", teilte das Ministerpräsidenten-Büro mit.

Deutschland hält sich zurück

Distanziert auf das Bündnis der USA, Australiens und des Ex-EU-Mitglieds Großbritanniens reagierte die deutsche Regierung. . "Wir haben dies zur Kenntnis genommen", sagte eine Sprecherin des Außenministeriums am Freitag in Berlin. "Wir denken, dass ein inklusiver Ansatz für eine regelbasierte Ordnung die beste Strategie für den Umgang mit der Region ist", fügte sie hinzu und verwies auch auf eine entsprechende Haltung der EU.

Die atomare Aufrüstung Australiens berührt sicherheitspolitische Interessen der Europäischen Union unmittelbar, da sich mehrere französische Überseeterritorien (Reunion, Mayotte, Französich-Polynesien, Neu-Kaledonien, die Französischen Süd- und Antarktisgebiete sowie Wallis und Futuna) im Indopazifik befinden.(APA, 17.9.2021)