Womöglich werden diesen Winter nur Geimpfte in Après-Ski-Bars feiern dürfen.

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Wien – Après-Ski nur noch für Geimpfte: In einem deutschen Zeitungsinterview macht Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) klar, dass wohl auch die heurige Wintersaison alles andere als normal sein wird. Falls sich die Corona-Situation weiter verschärfe, werden nur noch Geimpfte Zugang zu Après-Ski-Lokalen erhalten, sagte der ÖVP-Politiker der Funke Mediengruppe (Samstagsausgaben).

Mückstein schon länger für 1G-Regel beim Après-Ski

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) sprach sich bereits vor zwei Wochen, somit vor der Verkündung des neuen Stufenplans, für eine 1G-Regel für Stehpartys wie etwa beim Après-Ski aus. In diesen heiklen Bereichen würden viele Ungeimpfte aufeinandertreffen, so der Minister damals.: "Wir müssen die Ungeimpften schützen. Das heißt, dass Ungeimpfte in diese Risikobereiche keinen Zutritt haben sollten. Zu ihrem eigenen Schutz", sagte er im Interview mit der "Krone".

Ähnlich äußerte sich Mückstein gleichzeitig auch in "Österreich": Beim Après-Ski könne es leicht zu Übertragungen kommen, "weil viele Menschen auf engem Raum zusammen sind und vielleicht noch singen". Diese Maßnahme habe er damals neben anderen Vorschlägen wie etwa eine Indoor-Maskenpflicht oder eine Verkürzung der Gültigkeitsdauer von Antigen-Tests dem Koalitionspartner vorgelegt – offensichtlich zunächst erfolglos.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) spricht nun nach Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) ebenfalls von 1G im Après-Ski.
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Bundeskanzler Kurz wollte sich vor zwei Wochen in einem "Talk Spezial" auf "ServusTV" noch auf keine möglichen Maßnahmen festlegen. Freiheitseinschränkungen dürften immer nur die Ultima Ratio sein. Bevor es zu einer Überlastung des Gesundheitssystems komme, werde man aber selbstverständlich reagieren. Angesichts der rasant steigenden Infektionszahlen und der Situation auf den Intensivstationen sah nun wohl auch der Bundeskanzler dringenden Handlungsbedarf.

Schon 3G-Regel wäre laut Seilbahnvertreter "Super-GAU"

So oder so würden die Seilbahnbetreiber mit einer 1G-Regel höchstwahrscheinlich wenig Freude haben, von Branchenvertretern wurde zuvor bereits eine 3G-Regel als "Super-GAU" bezeichnet, wie der "Kurier" berichtet. Tirols Landeshauptmann Günther Platter sowie Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (beide ÖVP) besprachen diese Woche den Plan für die Wintersaison mit Seilbahnbetreibern im Rahmen einer Videokonferenz.

Seilbahn-Sprecher, Franz Hörl (ÖVP). erklärte gegenüber dem "Kurier", schon bei einer 3G-Regel würde die Warteschlange zur Stoßzeit vermutlich so lange sein, dass aus dem vermeintlichen Skivergnügen eher ein Albtraum wird. Man hätte auch das notwendige Personal für solche Kontrollen gar nicht, sagte Hörl.

Hotellerie-Vertreterin sieht 1G, aber auch Testpflicht, kritisch

Susanne Kraus-Winkler, Obfrau im Fachverband Hotellerie, betrachtet die 1G-Regel nur als den letzten Ausweg, wie sie am Samstag im Ö1-"Mittagsjournal" erklärte. "Weil man damit einen Teil der Gäste von einem Angebot ausschließt", sagt Kraus-Winkler. Ob man das will, sei die Frage. Außerdem müsse man jedenfalls auch Genesenen Zutritt erlauben.

Aber auch Tests sind laut Kraus-Winkler keine Option, da es gerade in kleinen Skigebieten wohl nicht die Kapazitäten gibt, um die 48 Stunden gültigen PCR-Tests auch innerhalb dieser Zeit auszuwerten. Aus Regierungskreisen höre man, Après-Ski-Regeln werden jenen aus der Nachtgastronomie angepasst werden, berichtet Ö1 außerdem. Eine endgültige Entscheidung soll Anfang nächster Woche fallen.

Die Impfpflicht sei letzter Ausweg, die Testpflicht schwer machbar: Branchenobfrau Kraus-Winkler kann Maßnahmen im Après-Ski offenbar wenig abgewinnen.
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Kurz argumentierte, dass 70 Prozent der Über-12-Jährigen in Österreich und die überwiegende Masse der Touristen geimpft seien. "Insofern steht einem sicheren Urlaub in Österreich nichts im Wege", versuchte der Kanzler Sorgen zu zerstreuen, dass österreichische Ski- und Partyorte wie Ischgl wieder zu Corona-Hotspots werden könnten. Die Virusdrehscheibe Ischgl hatte zu Beginn der Pandemie im Vorjahr für zahlreiche Todesfälle quer durch Europa gesorgt. Die Republik Österreich sieht sich diesbezüglich im Rahmen einer Amtshaftungsklage mit Schadenersatzforderungen von Hinterbliebenen konfrontiert.

Kurz sagte, dass die 3G-Regel für einen sicheren Winter sorgen werde, die Zutritt zu Gastronomie und Hotels nur für Geimpfte, Genesene oder Getestete erlaube. Als einen der Gründe für die im Vergleich zu Deutschland niedrigere Impfrate nannte Kurz die Politik seines früheren Koalitionspartners, der rechten FPÖ. Statistiken zeigen, dass die Impfquote gerade in einigen alpinen Gemeinden der hauptsächlich von Wintertouristen frequentierten Bundesländer Tirol, Salzburg, Kärnten und Vorarlberg niedrig ist.

Wenig Freude mit den Plänen des Bundeskanzlers und des Gesundheitsministers haben auch die tendenziell maßnahmenkritischen Neos. "Dass Bundeskanzler Kurz, wie schon zuvor der Gesundheitsminister, den Zugang zu Après-Ski nur für Geimpfte in Ausschicht stellt, zeigt einmal mehr, wie wenig er auch nach anderthalb Jahren von dieser Krankheit und ihrer Bekämpfung versteht", sagt NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker. Bei der "Dauerdebatte um eine 1G-Regelung" appelliert er, nicht ständige den Faktor "genesen" auszuklammern. (APA, red, 18.9.2021)