Australiens Premier Scott Morrison wird mangelnde Voraussicht vorgeworfen.

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Die neue Sicherheitsallianz zwischen Australien, den USA und dem Vereinigten Königreich (Aukus) schlägt weiter hohe Wellen. Peking äußerte sich brüskiert und warf den Ländern eine "Kalter-Krieg-Mentalität" vor. Die Reaktion war zu erwarten von einem Land, das sich in diesem strategisch wichtigen Teil der Welt immer selbstbewusster benimmt. Aukus ist primär eine Antwort der drei Staaten auf Chinas Expansionsgelüste im Pazifik.

Deutlich mehr Sorge ausgelöst hat die Reaktion Frankreichs, von der auch das Weiße Haus überrascht gewesen sein soll. Einem Bericht zufolge habe es die Biden-Administration Canberra überlassen, Frankreich über den Schritt zu informieren. Es war eine Aufgabe, die höchstes diplomatisches Geschick benötigt habe.

Kritik von vielen Partnern

Doch Washington habe nicht mit dem hohen Grad an Mittelmäßigkeit der australischen Diplomatie unter Premier Scott Morrison gerechnet, so australische Beobachter am Sonntag. Laut dem führenden Politikkommentator Peter Hartcher habe Australien eine "beeindruckend inkompetente diplomatische Leistung" gezeigt. "Ein Anruf am Vorabend von Canberra nach Paris gilt nicht als Diplomatie."

Doch Mangel an Voraussicht und diplomatischem Fingerspitzengefühl trifft nicht nur die "Grande Nation". Neuseeland erklärte kurz nach der Verlautbarung, die nuklearbetriebenen U-Boote dürften in diesem atomfreien Land nicht anlegen. Am Wochenende meldeten Malaysia und Indonesien ihre Sorge angesichts der Folgen der Entwicklung für das globale strategische Gleichgewicht. Auch diese Länder – beide gelten als Freunde und sind wichtige Wirtschaftspartner – scheinen von Canberra nicht oder nicht rechtzeitig informiert worden zu sein.

Aggressive Rhetorik

Das "Aukus-Debakel", wie ein Beobachter es am Sonntag nannte, ist nur das jüngste Beispiel diplomatischer Fehltritte durch Australien. Canberras aggressive Rhetorik gegenüber China ist legendär. Verteidigungsminister Peter Dutton impliziert in seinen Reden regelmäßig, China sei eine militärische Bedrohung für Australien und den Rest der Welt. Sein einflussreicher Chefbeamter hatte im April gar vor den "Trommeln des Krieges" gewarnt, die im Pazifik tönten. Vor einem Jahr löste Außenministerin Marise Payne in Peking eine Welle von Handelsboykotten gegen Australien aus, als sie und Morrison forderten, man müsse in China eine Untersuchung nach dem Ursprung des Coronavirus einleiten, und das Land vor der Weltöffentlichkeit bloßstellte.

Solche Forderungen mögen zwar legitim sein, sagen führende Diplomatieexperten. Aber sie müssten im direkten Kontakt mit den betroffenen Ländern geäußert werden, nicht über "Megafondiplomatie", welche andere Länder brüskiere. Die Situation ist derart prekär, dass führende Politiker der beiden Länder seit über einem Jahr nicht mehr miteinander sprechen. Ex-Premier Kevin Rudd erklärte am Samstag, die Morrison-Regierung werde von "diplomatisch und sicherheitspolitisch Inkompetenten" geführt, die "Australiens guten Namen rund um die Welt beschmutzen".

Hohe Kosten

Australien mag mit Aukus zwar auf den verstärkten Schutz seines traditionellen Bündnispartners USA hoffen. Aber die Kosten dafür sind hoch. Unter anderem sind damit auch die Chancen, dass Australien Pläne für einen Freihandelsvertrag mit der EU noch realisieren kann, drastisch geschrumpft.

Wenig Freunde haben dürfte Australien auch bei den Klimaverhandlungen in Glasgow. Die Morrison-Regierung arbeitet offenbar eine PR-Strategie aus, wie sie die Weltgemeinschaft überzeugen kann, am Ausbau der lukrativen Gas- und Kohleindustrie festhalten zu können, während andere Staaten ihre CO2-Emissionen drastisch einschränken sollen. Beobachter gehen davon aus, dass die Behauptungen und Versprechen Canberras von den Teilnehmerländern deutlich stärker unter die Lupe genommen werden dürften, als dies noch vor wenigen Tagen der Fall gewesen wäre. (Urs Wälterlin aus Canberra, 19.9.2021)