ORF-General Weißmann nach der Direktorenwahl im Stiftungsrat.

Foto: APA / Robert Jäger

Wien – Die geplante Starthilfe der türkis-grünen Regierung für den nächsten ORF-Generaldirektor Roland Weißmann wird nach STANDARD-Informationen konkreter: Eine Digitalnovelle soll Beschränkungen für Streamingformate und Onlineabruf aufheben. Diese Woche war sie wie berichtet* als Thema im Ministerrat geplant, nun aber vertagt. Der ressortzuständige Bundeskanzler referiert dann, wie er sich die Novelle bis Jahresende 2021 vorstellt und ausarbeiten lässt.

  • Update: Vertagt auf kommende Woche Im Ministerrat wird es nach Regierungsangaben dazu diesen Mittwoch definitiv keine Beschlüsse geben, hieß es auf STANDARD-Anfrage. Ein Ministerratsvortrag des Kanzlers dazu war nach STANDARD-Infos für diese Woche geplant. Nun wurde der Ministerratsvortrag auf kommende Woche vertagt.

Lockerung online

Der ORF und sein bisheriger General Alexander Wrabetz drängen seit vielen Jahren auf Lockerungen des ORF-Gesetzes: Der ORF darf bisher keine Formate eigens für Streaming produzieren, auch Sendungen zuerst online anzubieten ist ihm bisher untersagt. TV- und Radiosendungen darf er – mit Ausnahmen etwa für historische Archive – nur sieben Tage nach Ausstrahlung online zum Abruf anbieten. Solche Beschränkungen sind etwa für deutsche Anstalten wie ARD und ZDF inzwischen gefallen.

Auf der Wunschliste des ORF stehen auch Möglichkeiten, Apps unabhängig von den Rundfunkprogrammen anzubieten, und der Präsenz auf digitalen Plattformen anderer Unternehmen. Im Regierungsprogramm von ÖVP und Grünen steht aber auch ein "gemeinsamer ORF-Player" in Kooperation zwischen ORF und privaten Anbietern. Kooperation ist eine Forderung der privaten Medienhäuser bei Lockerungen des ORF-Gesetzes.

Das Kanzleramt soll bei der Novelle auch dafür sorgen, dass das Streamingangebot des ORF den Wettbewerb mit Privaten nicht unverhältnismäßig verzerrt. ORF.at soll erhalten und weiterentwickelt werden.

Module

Der ORF arbeitet – ebenfalls seit vielen Jahren – an einer Streamingplattform unter dem Arbeitstitel ORF-Player, starten dürfte sie nach bisherigem Diskussionsstand unter dem Titel "ORF On". Ein im Frühsommer vom ORF etwa beim Zeitungsverband VÖZ präsentiertes Video, das DER STANDARD damals veröffentlichte, zeigt grob, was der Player können soll – wenn der ORF all das darf.

Die geplanten Module für den Endausbau des Players laut Präsentationsvideo: Infokanal ("Newsroom"), Kinderkanal ("Okidoki"), Sportkanal insbesondere für Disziplinen abseits des Premiumsports. Channel "U30" wird als Fernsehlabor beschrieben, hier sollen offenbar junge und experimentellere Formate ausprobiert werden.

GIS-Registrierung

"Sound" umfasst Radio- und Audioangebote und "Live" Livestreams der bestehenden linearen ORF-Kanäle. Das komplette Streaming stützt zudem die geplante GIS-Registrierungspflicht für einen Teil der Streamingangebote. Bisher fällt für die Nutzung von ORF-Streamingangeboten keine GIS an.

"Topos" beschäftigt sich mit Wissenschaft, Religion, Feuilleton. "Space" heißt ein Kultur-Channel – mit Uploadmöglichkeit._User-Inhalten könnten auch eine Gesetzesänderung erfordern.

Sport-Streaming bisher abgelehnt

Die Medienbehörde KommAustria sah etwa zuletzt einen Sport-Channel nicht mit dem bestehenden ORF-Gesetz vereinbar und lehnte einen entsprechenden Antrag ab. Der ORF will in den nächsten Wochen als erstes großes Modul seines Players einen Nachrichtenkanal starten, der "Newsroom" heißen soll. Im STANDARD-Interview kündigte Weißmann zudem noch für 2021 die Player-Module "Sound" und "Live" an.

Privatsender sehen die Lockerungen skeptisch: Wenn der ORF ohne klare Regelungen und ohne konkretere Gesetzesaufträge dafür Online-only-Formate produzieren kann, könne er womöglich eine beliebige Zahl von Spartenkanälen im Web aufmachen – etwa eine jüngere Ö3-Variante, wie schon vor Jahren intern geplant.

Das Kanzleramt hat sich offenbar vorgenommen, den öffentlich-rechtlichen Auftrags an das digitale Zeitalter anzupassen, im Rahmen des Europarechts. Daran sollen bei der geplanten Novelle auch die Werberegelungen des ORF angepasst werden. Bei der Finanzierung aus – großteils – GIS sowie Werbung soll es offenbar bleiben. Aber das Gesetz soll für eine "unabhängige" und "nachhaltige" Finanzierung strukturelle Vorgaben machen. (fid, 20.9.2021)