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Die Aufarbeitung des Zusammenbruchs von Wirecard läuft. Eine erste Anklage soll noch heuer erfolgen.

Foto: Reuters / Andreas Gebert

Jan Marsalek gilt als Ex-Chef von Wirecard als Kopf für die mutmaßlich betrügerischen Machenschaften innerhalb des Zahlungsdienstleisters, der im Sommer 2020 zusammengebrochen ist. Seitdem klar war, dass 1,9 Milliarden Euro in der Bilanz nicht auffindbar sind, ist Marsalek auf der Flucht. Das Unternehmen soll er mit den Worten verlassen haben, sich darum zu kümmern, das fehlende Geld in der Bilanz aufzuspüren.

Lebenszeichen

Doch nun scheint es ein Lebenszeichen zu geben. Just eine Zahlung könnte einen Hinweis darauf geben, wo sich Marsalek, der per internationalen Haftbefehl gesucht wird, aufhalten könnte. Auslöser all dessen war eine Mietüberweisung aus den Vereinigten Arabischen Emiraten. Wie das Handelsblatt berichtet, ging beim Vermieter einer von Marsalek angemieteten Wohnung in München-Schwabing eine Zahlung von 80.000 Euro ein. Dabei soll es sich um die Vorauszahlung der gesamten Jahresmiete für die Wohnung, in der Marsaleks langjährige Freundin wohnt, handeln. Der Überweiser Jamil Uddin Ahmend war dem Vermieter unbekannt. Versehen war die Vorauszahlung mit der Botschaft "Für Jan". Der Vermieter alarmierte daraufhin die Ermittlungsbehörden. Diese sehe in der Überweisung nun eine mögliche Spur zu dem Mann, der im Fall Wirecard unter anderem wegen mutmaßlichen Betrugs angezeigt ist.

Marsalek hatte bei Wirecard das Asien-Geschäft verantwortet. Dort ist es zu diversen Malversationen gekommen, wie Mitarbeiter des Konzerns aufgedeckt hatten. Der ehemaliger Leiter der Rechtsabteilung in Asien, Pav Gill, hatte rasch den Eindruck, dass es bei Wirecard nicht mit rechten Dingen zugehen konnte. Der Konzern steigerte stetig seinen Gewinn, obwohl die Asien-Töchter immer nur Verluste ausgewiesen hatten. Gill begann hausintern zu recherchieren und fand heraus, dass Asien ein Hotspot gewesen war, in dem innerhalb von Wirecard Scheinrechnungen erstellt wurden.

Vertrauter in Haft

In Singapur wurde Anfang September zudem ein Vertrauter von Marsalek festgenommen. Der 46-jährige Brite Henry S. sitzt dort nun im Gefängnis. Er wurde wegen Beihilfe zur Veruntreuung von Wirecard-Vermögen gesucht. Der Geschäftsmann soll Marsalek geholfen haben, Millionen beiseitezuschaffen.

In Deutschland sitzt Ex-Wirecard-Chef Markus Braun in U-Haft. Die Behörden arbeiten an der Anklageschrift, die noch heuer fertig werden soll. Der Fall von Wirecard hat viele Anleger viel Geld gekostet. Der Schaden geht in die Milliardenhöhe. Betroffen sind auch Banken. Nach den Raiffeisen Landesbanken in NÖ und OÖ dürfte auch der Raiffeisenverband Salzburg betroffen sein. Wirecard soll dort Ausstände von mehr als 20 Millionen Euro haben. (Bettina Pfluger, 21.9.2021)