Ein Palais in einem Garten an der Vorgartenstraße, erst ein schmiedeeisernes Gartentor, dann die Eingangstür. Dahinter ist alles schwarz in schwarz, auch die Treppe nach unten. Das neue Restaurant von Multigastronom Gabriel Alaev (Ramasuri, Pizza Randale, Café Drechsler etc.) liegt im Souterrain eines früheren Offizierskasinos aus der Kaiserzeit.

Oben gibt’s ein kleines Hotel, das auf den durchaus suggestiven Namen Zola – Palais de Bohème hört. Unter Tage, im Lokal, wird man von Downtempo Deep House in durchaus nachdrücklicher Lautstärke in Empfang genommen. Der Service, lauter entzückend freundliche Burschen, ist aber auch sehr gewinnend.

Tolle Stimmung, durchaus ernsthaftes Essen: Das neue Zazatam in einem k. u. k. Offizierskasino in der Leopoldstadt.
Foto: Gerhard Wasserbauer

Der Boden wurde mit schwarzem und weißem Marmor ausgelegt, die Wände der Bar (mit Ex-Mochi-ex-Kikkobar-Franzose Raphael Peyrot hinterm Tresen) sind mit güldenen Paradiesvogel-Tapeten ausgeschlagen, die gut vier Meter hohen Wände des Speisesaals außerdem mit einem prachtvoll argen Vorhang mit dunkelbunten Blüten ausgekleidet.

Coole Restaurants im Keller kennt man aus London, New York, Hongkong. In Wien, wo dem Souterrain immer noch ein Odeur von Waschküche anhaftet, bislang kaum. Aber auch sonst ist das Zazatam ein mutiges, mit Außensicht auf die Stadt konzipiertes Projekt, in dem das Essen mindestens so wichtig ist wie das Danach. Auch deshalb steht es in Gegensatz zu Lokalen wie jenen des auf eine spezielle Art von Party spezialisierten Gastwirtdarstellers Martin Ho, wo Essen bestenfalls als Nebensache wahrgenommen wird.

Der Aufwand, mit dem die Küche des Zazatam aufgestellt wurde, wird hingegen auch an ernstzunehmenden Adressen nur selten gepflogen. Chef Felix Müller ist gerade erst 24 Jahre alt und kommt via Villa Joya (zwei Sterne, Algarve) und Hospiz St. Christoph in die Leopoldstadt. Im Zazatam hat er freie Hand, aber den Auftrag, möglichst alles selber zu machen.

Das gilt für die richtig gute, bissfest gegarte Pasta (fantastisch: langgestreckte Geschmackstorpedos mit Pecorino-Pilz-Fülle, die als Ravioli auf der Karte stehen), aber auch für Wildschwein-N’duja, eine cremige Wurst, die er nach kalabresischem Vorbild macht und in die Pasta mit Ragù aus Ochsenschlepp einfließen lässt: bissl scharf, richtig gut.

Kukuruz unter Dampf

Was aus der Küche kommt, gibt zum Teil schon richtig Gas.
Foto: Gerhard Wasserbauer

Was aus der Küche kommt, gibt zum Teil schon richtig Gas. Tamales zum Beispiel, der in Kukuruzblättern gedämpfte Maisgrieß mit Kürbis und einer fantastisch vielschichtig gewürzten Mole, ist veganes Essen der Extraklasse.

Auch die im Green Egg geräucherten Rüben mit Birne und einer irrsinnig guten Vinaigrette zeigen, wie wenig man tierische Zutaten braucht, um vor Geschmack und Daseinsfreude berstendes Essen zu machen. Bao Buns füllt man sich selbst, mit gehacktem Tartare vom luxuriös nachhaltigen XO Beef.

Koji Chicken, im Ganzen gebratenes, mariniertes Stubenküken, gerät butterzart und zum Fingerablecken gut. Die Popcorn Prawns hingegen, mitsamt Schale (und Kopf) in Popcorn panierte Giga-Garnelen, bringen zwar köstlichen Geschmack auf die Zunge – man kaut mitunter aber sehr nachhaltig am Exoskelett.

Die Weine sind meist (aber nicht nur) von der Elite heimischer und internationaler Naturwinzer, auch das entspricht dem zusehends Mainstream werdenden Trend zwischen Melbourne und Paris. Und hinterher? Mandarinenmousse mit knuspriger weißer Schokolade, die schaumgeborene Versuchung, ohne Obers – oder gleich ein Dessert-Drink aus der hierfür speziell aufmagazinierten Bar. (Severin Corti, RONDO, 24.9.2021)

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