Herbert Kickl macht Ernst. Der FPÖ-Chef will sich das Gerücht, er sei bereits im Geheimen geimpft worden, nicht gefallen lassen. Dieses wurde vom ÖVP-nahen PR-Strategen und Herausgeber des Gourmetmagazins "Falstaff", Wolfgang Rosam, kürzlich auf Oe24 in der Sendung "Fellner live" in den Raum gestellt. Kickl kündigte rechtliche Schritte an, nun wurde die Klage auf Unterlassung, Widerruf und Veröffentlichung beim Handelsgericht in Wien eingebracht. Der Streitwert liegt bei 35.000 Euro.

"Der Kläger ist nicht gegen Covid-19 geimpft", lässt FPÖ-Frontmann Herbert Kickl in der Klageschrift festhalten.
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"Der Kläger ist bekannt für seine kritische Haltung zu den grundrechtseinschränkenden Maßnahmen der Bundesregierung zur Bekämpfung von Covid-19", heißt es in der Klage, die dem STANDARD vorliegt. "In Bezug auf eine Impfung gegen Covid-19 teilt(e) der Kläger regelmäßig mit, dass er selbst nicht geimpft ist, etwa zuletzt (am 10.9.2021) auch in den oe24.tv Sommergesprächen. Der Kläger ist nicht gegen Covid-19 geimpft."

Der blaue Frontmann vertrete "die Position der Freiwilligkeit und tritt offensiv gegen eine gesetzlich verpflichtende Covid-19-Impfung (Stichwort: 'Impfzwang') auf, da er einen solchen Eingriff mit den verfassungsrechtlich gewährleistenden (sic!) Grundrechten für unvereinbar hält".

"Muss ich aufpassen, was ich jetzt sage"

In der Klage ist auch die Aussage von Rosam vermerkt. Am Donnerstag sagte der PR-Stratege auf "Oe24" demnach: "Es gibt ja ganz böse Zungen, muss ich aufpassen, was ich jetzt sage, ich sage es jetzt nicht, dass es so ist, aber ich habe gehört, er wäre schon geimpft, heimlich, ja, also wenn man das beweisen könnte, das wäre natürlich der Überhammer, dann hätten wir morgen einen Rücktritt."

Rechtlich wehrt sich Kickl gegen die laut Klage kreditschädigende Darstellung, "dass der Kläger in der Öffentlichkeit, im Speziellen gegenüber seinen Wählern, und gegenüber Medien verschweige, dass er sich gegen Covid-19 habe impfen lassen". Denn der Rezipient der Fernsehsendung verstehe die Äußerungen "nicht so, dass der Vorwurf des Beklagten, der Kläger sei womöglich geimpft, das Problem ist, sondern die mit dem Vorwurf transportierte Tatsachenbehauptung des Beklagten, dass der Kläger Wähler und Öffentlichkeit in einer ganz wesentlichen Frage wissentlich belüge".

Als PR-Profi wisse Rosam genau, "dass er Gerüchte – noch dazu ohne jede Quelle – verbreitete", heißt es in der Klageschrift. Der Beklagte habe den Kläger nie auf seinen Impfstatus angesprochen. Dem Beklagten gehe es darum, Kickl "als unglaubwürdig zu stigmatisieren".

Rosam zieht nicht zurück

Kickl will einen Widerruf erreichen – und zwar "durch Verlesung" in der Sendung "Fellner live" auf "Oe24", in der das Gerücht aufkam. Dies soll innerhalb von zwei Wochen geschehen, sollte Kickl den Rechtsstreit gewinnen. Das Video, so das Begehren, soll darüber hinaus drei Monate auf der Startseite des Mediums aufzufinden sein, und zwar "in jenem Bereich der Seite, der ohne Scrollen bei Aufruf sofort sichtbar ist".

Rosam selbst will keinen Rückzieher machen. "Ich ziehe meine Behauptung nicht zurück, sie war im Konjunktiv", sagte er der Tageszeitung "Österreich" am Montag. Im "Kurier" forderte er Kickl auf, einen Test vorzulegen, ob er geimpft sei oder nicht.

Unterschiedliche Rechtsansichten

Aber wie stehen die Chancen Kickls? Aus Sicht des Medienanwalts Peter Zöchbauer sprechen "gute Gründe dafür", dass man die Aussage Rosams als ansehensmindernd ansehen könne. "Weil dem Kläger unterstellt wird, dass er eine politische Ansicht vertritt, die er selbst nicht lebt", sagt der Jurist. Nun werde es auf den Wahrheitsbeweis ankommen.

Zöchbauer gibt zu bedenken, dass man mit dem Verweis, sich bloß auf ein Gerücht berufen zu haben, "schwer rauskommt". Denn auch die Wiedergabe in Vermutungs-, Verdachts- und Frageform bleibe eine "anspruchsbegründende Verbreitungshandlung".

Thomas Höhne gibt seinem Branchenkollegen zwar grundsätzlich recht, was den letzten Punkt anlangt. Allerdings empfindet er die Aussage Rosams als "ziemlich harmlos". Dieser habe sich mit dem Gerücht nicht identifiziert und explizit gesagt, dass es beweisbedürftig sei. "So wie Rosam das formuliert hat, muss Kickl das aushalten, auch weil er sich in der Diskussion um das Impfen mit heftigem Vokabular positioniert hat", befindet Höhne. "Es kommt auf den Einzelfall an, das ist eine Wertungsfrage, aber ich glaube nicht, dass es klagbar ist, so wie Rosam das gemacht hat." (Jan Michael Marchart, 21.9.2021)