Stoßen auf gemeinsamen Auftritt gegen die Konzernbiere an: die Chefs von zehn Privatbrauereinen.

Foto: Niklas-Stadler

Wien – Auf den Etiketten des Edelweiss-Weißbiers prangt neuerdings ein rot-weiß-rotes Banner mit der Botschaft "Das Weizenbier aus Österreich". Die Schwechater Brauerei rühmt sich, ihre Braugerste von einem Gutsbetrieb zu beziehen, den die ehemalige Besitzerfamilie Dreher aufgebaut hat. Und auf der Website der Brau-Union Österreich wird stolz "unsere österreichische Bierkultur" propagiert.

Den mittelständischen Mitbewerbern schmeckt das nicht besonders – denn die Brau-Union, ihre Brauereien und ihre Marken gehören dem internationalen Braukonzern Heineken. "Wir wollen ein wichtiges Zeichen setzen", sagt Sigi Menz, Chef der Ottakringer Brauerei und Mitglied des neugegründeten Vereins Österreichische Privatbrauerei.

"Echt österreichisch"

Zunächst zehn konzernfreie Brauereien haben sich dabei zusammengefunden, um künftig ihren Kunden mit einem gemeinsam genutzten Siegel die rein österreichische und konzernfreie Herkunft ihrer Biere zu erklären. Nur "echte österreichische Unternehmen" dürfen das Siegel nutzen – sie müssen frei von jeglichem internationalem Konzerneinfluss sein, sie müssen mindestens drei Jahre auf dem Markt bestanden haben und sie müssen ihr Bier in einer eigenen Braustätte herstellen.

Die letztere Bedingung richtet sich gegen sogenannte Contract-Brewer, die starke Craft-Beer-Marken wie Brew Age aufgebaut haben, die Biere aber im Lohnbrauverfahren (im Falle von Brew Age passiert das meistens in der Brauerei Gusswerk in Hof bei Salzburg) herstellen lassen.

Regionalbewusstsein

Zielrichtung der Zusammenarbeit der Mittelstandsbrauer ist, ein Regionalbewusstsein zu schaffen – und ihre Tradition zu vermitteln: "Alle Unternehmen hier haben eine jahrhundertealte Geschichte", argumentiert etwa Karl Schwarz, Besitzer der Brauereien Zwettl und Weitra: "Wir dürfen uns nicht täuschen lassen: Es gibt zwar eine große Biervielfalt in Österreich, aber da gibt es viele Kleinstbrauereien, und fast zwei Drittel des Bierausstoßes werden von einem einzigen Konzern gebraut."

Der österreichische Biermarkt ist mit 9,15 Millionen Hektolitern im Corona-Jahr 2020 (nach 9,52 Millionen 2019) im weltweiten Vergleich wenig bedeutsam – laut der vom Nürnberger Hopfenhandelshaus Barth Haas geführten Weltbierstatistik liegt Österreich auf dem 33. Platz. Die weltweite Produktion betrug im Vorjahr 1.819,6 Millionen Hektoliter, von denen allein 25,7 Prozent von AB Inbev (Bud, Leffe, Becks, Corona, Löwenbräu et cetera) und weitere 12,2 Prozent von der Brau-Union-Mutter Heineken gebraut wurden. Die Top-40-Unternehmen der internationalen Brauwirtschaft machen 86 Prozent des Weltbierausstoßes aus.

Ein sehr großer Konzern und viele Kleine

In Österreich ist die Konzentration besonders hoch – obwohl es über 300 Brauereiunternehmen gibt. Zehn der größeren Mittelstandsbrauereien – zusammen 28 Prozent des heimischen Bierausstoßes – sind nun im Verein Österreichische Privatbrauerei organisiert. Auf dem Markt aber werden sie weiter im Wettbewerb stehen – untereinander und natürlich mit den Konzernbieren.

Die neue, durch den Craft-Beer-Boom der letzten Jahre bedingte Biervielfalt biete eine besondere Chance, sagt Seppi Sigl von der gleichnamigen Brauerei in Obertrum: "Jetzt haben wir das Ohr der Konsumenten. Einkaufen wird zur politischen Entscheidung." (Conrad Seidl, 21.9.2021)