iOS 15: Nicht das größte Update der Apple-Geschichte, aber einige nützliche Dinge sind durchaus mit dabei.

Grafik: Apple

Die Aktivität in der Apple-Welt ist wieder in ihrer jährlichen Hochphase angekommen: Wenige Tage nach der Vorstellung einer neuen iPhone-Generation folgt nun die Freigabe der nächsten Betriebssystemversion. Sowohl iOS 15 als auch sein Tablet-Pendant iPadOS 15 stehen ab sofort zum Download bereit. Waren iOS 13 und iOS 14 von einzelnen großen Features – in diesem Fall Dark Mode und Widgets – geprägt, sind die Neuerungen bei iOS 15 eher inkrementeller Natur. Trotzdem sind auch heuer wieder eine Fülle kleinerer Verbesserungen zusammengekommen, die das Smartphone-Leben so mancher Apple-User durchaus bereichern könnten.

Fokus

Eines der Highlights ist dabei der Fokus-Modus: Als einer Art nächster Generation der "Bitte nicht stören"-Funktion kann dabei im Detail festgelegt werden, welche Apps und Kontakte wann die Nutzer auf welchem Weg benachrichtigen dürfen. Der Name ergibt sich aus der Idee, dass man damit eben genau sagen kann, dass man während eines Unterfangens, für das man Ruhe und Konzentration braucht, nur von einzelnen Personen und Apps gestört werden darf. Also dann etwa sämtliche private Kommunikation stummgeschaltet wird, während einzelne berufliche Diskussionsstränge offengehalten werden oder, noch besser: umgekehrt.

Der Fokus-Modus ist eines der Highlights von iOS 15.
Grafik: Apple

All das müssen die Nutzer natürlich nicht jedes Mal wieder einzeln festlegen, sondern können entsprechende Profile anlegen, die sie dann bei Bedarf einfach aufrufen können. Zudem ist es möglich, diese Regeln automatisch aktivieren zu lassen – etwa anhand der Uhrzeit oder auch des aktuellen Standorts, also etwa ein Arbeitsprofil bei Betreten und Verlassen des Unternehmensstandorts selbsttätig zu (de)aktivieren.

Passend dazu: Die Benachrichtigungen wurden ein weiteres Mal überarbeitet, präsentieren sich nun aufgeräumter und kompakter, dafür aber mit größeren Icons, um eine schnellere Zuordnung zu erlauben. Zudem gibt es eine Zusammenfassung der wichtigsten Nachrichten, die gerade am Morgen einen Überblick über das aktuelle Geschehen geben soll.

Smarte Features

Künstliche Intelligenz und hier im Speziellen das lokale Maschinenlernen direkt am Gerät stellen derzeit sowohl bei Android als auch bei iOS einen Schwerpunkt der Entwicklung dar. Entsprechend rege ist der Austausch an Ideen zwischen den beiden Systemen. Gut zu sehen ist das bei "Live Text", handelt es sich dabei doch um einen recht offensichtlichen Nachbau von Google Lens. Das ändert aber nichts daran, dass es sich dabei fraglos um einen der nützlichsten Neuzugänge in iOS 15 handelt.

Live Text erinnert mehr als leicht an Google Lens.
Screenshot: Amon / STANDARD

Mithilfe der Kamera kann das iPhone genutzt werden, um Texte aus der realen Welt zu übernehmen – also etwa das Smartphone auf eine Telefonnummer auszurichten, die auf ein Schild gedruckt ist, um diese nicht nur gleich ins Adressbuch zu kopieren, sondern auf Wunsch sogar direkt anzurufen. Das klappt natürlich auch mit normalem Text oder auch Adressen, zudem ist es möglich, Informationen aus bereits gespeicherten Bildern zu extrahieren.

Siri offline

Eine weitere durch lokales Maschinenlernen möglich gemachte Neuerung: Siri kann nun Spracheingaben direkt am Gerät verarbeiten. Das ist vor allem aus Privatsphäregründen erfreulich, mussten doch bisher sämtliche solcher Eingaben in der Cloud von Apple verarbeitet werden. Logischerweise geht das natürlich nur mit Dingen, die auch offline Sinn ergeben, also etwa dem Öffnen von Apps oder auch dem Setzen von Timern. Zudem wird Siri dadurch flotter, weil eben der Umweg über die Cloud – und der damit einhergehende Netzwerktransfer – entfällt.

Vermischtes

Deutlich sichtbare Änderungen gibt es bei Apples Browser Safari – kommt doch hier am iPhone nun der "Tab Bar"-Modus zum Einsatz, der die Adresszeile nach unten packt. Wem das nicht gefällt, der kann auch auf ein klassisches Design wechseln. Ebenfalls neu sind die sogenannten Tab-Gruppen, die zudem über mehrere Geräte hinweg synchronisiert werden können. Eine weitere Neuerung nennt sich "Shared with you" und schafft in zahlreichen Apps einen fixen Anlaufpunkt für mit einem via iMessage geteilte Inhalte. Das Ganze funktioniert von Fotos über Apple Music bis zur Apple TV App oder Apple Podcasts. Komplett neu gestaltet wurde die Wetter-App. Neben einem neuen Look mit zahlreichen Animationen gibt es auch Echtzeit-Benachrichtigungen.

Apple Maps mit 3D-Karten. Sieht hübsch aus, gibt es aber vorerst nur in sehr wenigen Städten.
Grafik: Apple

Ebenfalls neu ist eine 3D-Ansicht für Apple Maps, die zwar gut aussieht, derzeit aber gerade einmal für San Francisco und Los Angeles verfügbar ist. Eine weitere Verbesserung ist ein neuer Navigationsmodus, der Augmented Reality benutzt, also über das von der Kamera gelieferte Realgeschehen gelagert wird. Facetime öffnet sich ein kleines bisschen in Richtung der Realität außerhalb des Apple-Universums: Es ist nun möglich, Links für Chats zu erstellen, über die dann selbst Windows- oder Android-Nutzer an einem solchen Gespräch via Browser teilnehmen können. Sehr nett ist zudem die Möglichkeit, nun auf iPhones praktisch alle Inhalte via Drag and Drop von einer App zur nächsten zu ziehen.

iPadOS

Für iPads bringt die neue Version eine wichtige Verbesserung bei der Widget-Nutzung, diese lassen sich nun nämlich frei am Homescreen positionieren. Zudem gibt es beim Tablet nun eine "App-Mediathek" für alle Apps, die vom Homescreen entfernt wurden, sowie ein eigenes Multitasking-Menü und umfangreiche Tastaturkürzel für all jene, die diesen Eingabeweg benutzen.

iPad OS 15 mit frei positionierbaren Widgets.
Grafik: Apple

Privacy

Das Thema Privatsphäre hat Apple in den vergangenen Jahren als einen entscheidenden Vorteil gegenüber der Konkurrenz ausgemacht – und so auch durchaus erfolgreich Druck auf die gesamte Branche gemacht. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass die neue Version auch in dieser Hinsicht mit einigen Neuerungen aufwarten kann. Die wichtigste: Mit Private Relay bietet Apple einen Weg, die eigene IP-Adresse und somit auch auch die Internetaktivitäten vor Webseiten zu verstecken. Klingt nach einem VPN, funktioniert technisch aber etwas anders und hat im Vergleich zu einem VPN auch einen Nachteil: Regionale Beschränkungen lassen sich damit nicht umgehen, da hier diese "Relays" immer in der gleichen Region angesiedelt sind. Aber das ist wie gesagt auch nicht die Aufgabe dieser Funktion.

Allerdings gibt es dabei einen wichtigen Punkt zu beachten: Private Relay ist ein kostenpflichtiges Feature und kommt in Verbindung mit iCloud Plus, einer Art erweitertem iCloud-Abo, das parallel veröffentlicht wurde. Zudem versteht sich Private Relay noch als Betaversion und ist von Haus aus deaktiviert.

Die äußerst umstrittenen Funktionen zum Durchsuchen der lokalen Bilder nach Darstellungen eines sexuellen Missbrauchs von Kindern hat man hingegen auf unbestimmte Zeit verschoben. Ob – und in welcher Umsetzung – das folgen wird, muss sich erst zeigen. Geplant wären diese aber vorerst ohnehin nur für die USA gewesen.

Features, verzweifelt gesucht

Zudem fällt auf, wie viele der vor einigen Monaten vorgestellten neuen iOS-Features noch fehlen. Dazu zählt etwa Shareplay, über das mehrere User gemeinsam Filmen schauen oder Musik hören können – parallel zu einem Facetime-Call. Ebenfalls vergeblich sucht man noch den verbesserten "Find My"-Support für Airpods, dieser soll aber zumindest bis Ende des Jahres nachgereicht werden. Wenig überraschend ist hingegen, dass es ein anderes neues Feature noch nicht gibt: Mit Universal Control kann ein nahtloser Übergang zwischen Macs und iPads erzeugt werden, also etwa der Cursor direkt von einem auf das andere Gerät wechseln. Das war eines der beeindruckendsten Demos im Rahmen der World Wide Developers Conference, hängt aber natürlich vom neuen macOS Monterey ab, das sich noch in der Testphase befindet.

Angekündigt, aber noch nicht verfügbar: Shareplay.
Foto: Apple

Vorbildlicher Support

Das nicht gar so geheime beste Feature von iOS 15 ist aber ein ganz anderes: der lange Support – läuft doch die neue Version auf sämtlichen Smartphones und Tablets, auf denen auch schon die vorhergehende Softwaregeneration lief. Konkret bedeutet dies, dass selbst noch das iPhone 6S das Update bekommt – und damit ein Smartphone, das vor rund sechs Jahren veröffentlicht wurde. In der Tablet-Welt ist ein iPad der fünften Generation das älteste derzeit unterstützte Gerät.

Die neue Softwaregeneration steht für all die erwähnten Geräte umgehend zur Verfügung. Die Nutzer können ein Update manuell über die Softwareaktualisierung direkt am Smartphone oder Tablet anstoßen. (apo, 21.9.2021)