Herbert Kickl verlangt 35.000 Euro Schadenersatz von Wolfgang Rosam. Dass er das Geld bekommt, ist unwahrscheinlich.

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Angesprochen auf die geringe Covid-19-Durchimpfungsrate unter FPÖ-Wählern und die Frage, ob Parteichef Herbert Kickl wirklich an der Wirksamkeit der Impfung zweifle oder dies als politisches Kalkül nutze, hat sich der PR-Stratege und Verleger Wolfgang Rosam auf Oe24 folgendermaßen geäußert: "Es gibt ja ganz böse Zungen, muss ich aufpassen, was ich jetzt sage. Ich sag es jetzt nicht, dass es so ist, aber ich habe gehört, er wäre schon geimpft. Ja, heimlich. Also, wenn man das beweisen könnte, das wäre natürlich der Überhammer, dann hätten wir morgen einen Rücktritt."

Kickl hat daraufhin eine Klage gegen Rosam eingebracht. Er besteht darauf, ungeimpft zu sein, und sieht in Rosams Aussage die Unterstellung, er würde die Öffentlichkeit belügen.

Ist der Impfstatus reine Privatsache?

Zunächst stellt sich die Frage, ob Kickls privater Impfstatus überhaupt Gegenstand einer öffentlichen Berichterstattung sein darf. Privates sollte auch privat bleiben. Das trifft zweifelsfrei auf Privatpersonen zu.

Für Politiker gelten jedoch andere Spielregeln. Da sie freiwillig die politische Bühne betreten, besteht für sie nur ein eingeschränkter Persönlichkeitsschutz. Können daher Informationen über Politiker zu einer im Allgemeininteresse geführten öffentlichen Debatte beitragen oder diese gar erst ermöglichen, so überwiegt das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung. Die FPÖ im Allgemeinen und Kickl im Speziellen äußern laufend ihre Position zur Corona-Schutzimpfung. Vor diesem Hintergrund ist Kickls Impfstatus mitnichten seine reine Privatsache; öffentliche Meinungsäußerungen oder Berichterstattungen darüber sind daher erlaubt.

Was hat Rosam wirklich gesagt?

Sodann stellt sich die Frage, ob Rosam mit seiner Wortmeldung Kickl tatsächlich unterstellt, über seinen Impfstatus zu lügen, wie es Kickl behauptet. Vorab: Richtig ist, dass der Vorwurf, jemand würde lügen, kredit- und fortkommenschädigend sein kann. Auch Politiker müssen sich einen solchen Vorwurf nicht gefallen lassen, wenn er unwahr ist und nicht auf einem ausreichenden Tatsachensubstrat fußt. Richtig ist ebenfalls, dass auch Vermutungen und Verdächtigungen ausreichen können, um jemanden in seinem Kredit und Fortkommen zu beinträchtigen.

Hier äußert Rosam allerdings nicht den Verdacht, Kickl würde lügen. Er stellt auch keine Vermutung darüber auf, dass der FPÖ-Politiker heimlich geimpft sei. Vielmehr beschränkt sich Rosams Behauptung darauf, dass es offenbar Personen oder Medien gibt, die genau dies behaupten. Es kommt somit gar nicht darauf an, ob Kickl nun (heimlich) geimpft wurde oder nicht.

Vielmehr ist entscheidend, ob ein bestimmter Personenkreis oder Medien nachvollziehbar Mutmaßungen über eine heimliche Impfung Kickls anstellen. Wenn ja, ist an Rosams Äußerung nichts zu beanstanden. Denn Rosam macht sich in seiner Äußerung diese Mutmaßungen nicht zu eigen, er identifiziert sich nicht mit diesen und stellt diese auch nicht als glaubwürdig oder zutreffend dar. Im Gegensteil, er hebt sogar ausdrücklich hervor, dass er nicht wisse, ob Herbert Kickl nun geimpft sei oder nicht.

Rücktritt, aber nicht wegen einer Lüge

Und was gilt, wenn für Rosam die Existenz solcher nachvollziehbarer Mutmaßungen Dritter vor Gericht nicht beweisbar wäre? Dann wäre für Kickl wohl auch nichts gewonnen. Denn Rosam verbindet mit den Mutmaßungen Dritter über Kickls Impfstatus ja gerade keinen Lügenvorwurf gegen diesen, sondern artikuliert lediglich eine politische Konsequenz in Form des Rücktritts.

Wäre der Grund für diesen Rücktritt dann zwingend die allfällige Lüge von Kickl über seinen Impfstatus? Nicht laut Rosam. Denn in der Fernsehsendung sprechen Rosam und der Moderator in diesem Zusammenhang ausschließlich über die generelle Impfskepsis, die Kickl und die FPÖ ständig in der Bevölkerung schüren. Die Glaubwürdigkeit dieser Politik wäre massiv erschüttert, wäre Kickl selbst geimpft – was dann seinen Rücktritt bedingen könnte. Und genau das bringt Rosam zum Ausdruck. Vor diesem Hintergrund den Worten von Rosam einen anderen Bedeutungsinhalt beizumessen verbietet sich nach der ständigen Rechtsprechung.

Der Schluss daraus: Die Klage, die Kickl gegen Rosam eingebracht hat, wird daher wohl mit ziemlicher Sicherheit zu einer Niederlage vor Gericht für ihn führen. (Sascha Jung, 21.9.2021)