Ein paar tausend Dollar sollen Häuser aus dem 3D-Drucker kosten. Noch sind sie aber eher eine Nischentechnologie.

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Der Wohnungsmarkt steckt weltweit in einer Krise. Angetrieben von der Pandemie, die zu einem Rückgang des Wohnungsangebots und gleichzeitig zu höherer Nachfrage geführt hat, fällt es Menschen in vielen Städten immer schwerer, Wohnungen zu kaufen oder Mieten zu bezahlen. In Berlin etwa haben die Wohnungsnot und steigenden Mietkosten bereits zu Demonstrationen geführt. Am Sonntag wurde dort in einem Referendum über den Antrag abgestimmt, Wohnungen großer Immobilienkonzerne zu vergesellschaften. In den USA liegen die nominalen Immobilienpreise 30 Prozent über dem vergangenen Höhepunkt vor der Finanzkrise. In Shenzhen, China, kosten Wohnungen über 40-mal so viel wie das jährliche Durchschnittsgehalt der dortigen Bewohner. Und auch in Ländern wie Kanada, Argentinien und vielen Städten Afrikas fehlt es an leistbarem Wohnraum.

Eine einfache und schnelle Lösung für das Problem gibt es laut vielen Experten nicht. Vielmehr versuchen Politiker, Stadtplanerinnen und Entwickler mit unterschiedlichen Ideen das Problem zumindest teilweise in den Griff zu bekommen. Diese reichen von einem Mietendeckel über neue Finanzierungsmodelle für Mieter und Käuferinnen mithilfe von Crowdfunding bis hin zur Umwandlung von Büroflächen in neue Wohnungen. Gleichzeitig versprechen einige Entwickler, mit neuen Bautechnologien wie dem 3D-Druck oder faltbaren Häusern der Wohnungs- und Häuserknappheit entgegenzuwirken. Was können die Technologien leisten?

Häuser aus dem 3D-Drucker

Seit Jahren nimmt das Drucken ganzer Häuser überall auf der Welt Fahrt auf. Das Versprechen: Innerhalb von nur wenigen Stunden oder einiger weniger Tage und um ein paar tausend Euro soll ein größtenteils fertiges Haus an gewünschtem Ort und Stelle stehen. Dafür trägt eine computergesteuerte Düse Schicht für Schicht des Betongemischs auf, bis am Ende alle Wände hoch genug sind und die Decke aufgesetzt werden kann. Laut dem US-amerikanischen Bauunternehmen Icon sind dabei lediglich einige wenige Mitarbeiterinnen nötig, um die Maschine zu steuern.

Schon im Jahr 2018 stellte Icon das erste gedruckte Haus in den USA fertig. Kostenpunkt: 10.000 Dollar. Das Unternehmen gibt an, mithilfe der Technologie leistbaren Wohnraum schaffen zu wollen und die Obdachlosigkeit zu reduzieren. Dafür arbeitet Icon mit NGOs zusammen, die sich besonders auf einkommensschwache Familien in den USA und Lateinamerika konzentriert haben. Sechs Häuser aus dem 3D-Drucker hat das Unternehmen etwa in einem Projekt gegen Obdachlosigkeit in Austin, Texas, gebaut. Die Häuser sollen laut Icon widerstandsfähig gegenüber Extremwetterereignissen, energieeffizienter als herkömmliche Häuser sein und leicht an individuelle Designbedürfnisse angepasst werden können.

Innerhalb von 24 Stunden sollen die Häuser fertig gedruckt sein.
ICON - 3D Tech

Fertig in zwölf Stunden

Seither haben auch viele andere Organisation und Unternehmen begonnen, Häuser zu drucken. Wie zum Beispiel 14 Trees, ein Zusammenschluss der britischen Entwicklungsorganisation CDC Group und des schweizerischen Baustoffproduzenten Lafarge Holcim, der derzeit Häuser in Malawi und Kenia druckt, um laut eigenen Angaben dem Mangel an Wohnraum durch das Bevölkerungswachstum und die wachsende Urbanisierung entgegenzuwirken. In lediglich zwölf Stunden soll ein Haus fertiggestellt sein und weniger als 10.000 Dollar kosten.

Laut dem Unternehmen Lafarge Holcim sollen dabei zudem 70 Prozent der CO2-Emissionen im Vergleich zu herkömmlichen Häusern eingespart werden. Auch in Indien, Italien, Deutschland oder Kanada sind in den vergangenen Jahren einige neue gedruckte Häuser entstanden.

Faltbare Häuser

Häuser zu drucken ist aber nicht die einzige Möglichkeit, schnell Wohnraum zu schaffen. Das US-amerikanische Start-up Boxabl beispielsweise setzt stattdessen auf faltbare Häuser. Was sich im ersten Moment wenig bequem anhört, soll ähnlich wie Tiny Houses zwar klein, dafür aber schnell aufgebaut sein und alle wichtigen Utensilien enthalten. Das einzige bisher vom Unternehmen hergestellte Haus, genannt Casita, ist lediglich 37 Quadratmeter groß, kostet knapp 50.000 Euro und kann innerhalb von einem Tag aufgebaut werden.

Zusammengefaltet soll die rund sechs Meter lange Konstruktion von einem Pick-up transportiert werden können, um das Haus dann an dem jeweiligen Standort einfach "aufzuklappen". Eine Küche und ein Badezimmer samt Kühlschrank, Toilette und Waschbecken sind in dem Haus bereits eingebaut. Bis zu 3.600 Häuser will das Unternehmen pro Jahr herstellen. Diese sollen zudem wind-, regen-, feuer- und schimmelresistent sein.

So werden die Häuser laut dem Unternehmen aufgebaut.
Boxabl

Platzbedarf

Allerdings stoßen die neuen Technologien schnell an Grenzen. Einerseits passen in die kleinen Wohneinheiten nur vergleichsweise wenige Menschen, weshalb sie für den Großteil der derzeit von steigenden Immobilienpreisen betroffenen Menschen wohl kaum eine Rolle spielen werden. Zwar gibt es bereits erste Unternehmen, die sich auch auf das Drucken ganzer Wohnhäuser spezialisiert haben. Global betrachtet steckt diese Technologie aber noch in den Kinderschuhen.

Zudem brauchen sowohl die faltbaren als auch die 3D-gedruckten Häuser Platz beziehungsweise ein verfügbares Grundstück, was einen weiteren für viele Menschen schwer zu überwindenden Kostenpunkt ausmacht und zudem zu einer weiteren Zersiedelung beiträgt. Gerade in urbanen Regionen und den Vororten, wo der Wohnungsmangel häufig am akutesten ist, mangelt es meist an freien und vor allem leistbaren Grundstücken.

Boom der Vorstädte

Die Entwickler hoffen aber, dass sich durch eine stärkere Verlagerung auf Remote-Arbeit in Zeiten der Pandemie mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Städten dazu entschließen, künftig hinaus aufs Land zu ziehen, und so vielleicht vermehrt in gedruckten oder "aufgeklappten" Häusern leben könnten. Derzeit deuten Daten jedoch noch nicht auf diesen Trend hin. Laut einer Studie des "Economist" verlagerte sich die Entwicklung von den Innenstädten seit der Pandemie nicht aufs Land, sondern eher in die Vorstädte. Zudem stellt sich die Frage, wie leicht einkommensschwache Familien ihren Wohnort wechseln können, wenn sie in vielen Fällen nicht remote arbeiten können.

Zumindest vorerst stellen Häuser aus dem 3D-Drucker also eher eine Nischenlösung dar, die nur für einige wenige Gruppen infrage kommt. Am herkömmlichen Wohnungsbau wird man in Zeiten der Wohnungs- und Häuserknappheit so schnell nicht vorbeikommen – mitsamt den anderen Ideen und Initiativen gegen hohe Mieten und Immobilienpreise. Wachstumspotenzial haben die neuen Technologien aber allemal. (Jakob Pallinger, 28.9.2021)