Neben der Impfung sind vor allem die Testungen in Schulen sowie das Ende der Urlaubssaison dafür verantwortlich, dass der Anstieg der Infektionszahlen derzeit abflacht.

Foto: APA/FRANZ NEUMAYR

Wien – Zuletzt haben sich die Neuinfektionen etwas stabilisiert: So hat sich die Sieben-Tage-Inzidenz seit einer Woche bei einem Wert von rund 160 eingependelt. Das bedeute aber nicht, dass die Pandemie von selbst abebben würde. Vielmehr dürfte die Stabilisierung ein erstes Zwischenplateau der Infektionslage darstellen. "Der Verlauf der Pandemie hat sich verändert", sagt der Simulationsforscher Nikolas Popper gegenüber dem STANDARD. "Wir dürfen uns nicht mehr die exponentielle Kurve vorstellen."

Durch die Impfung würde man in einigen Bevölkerungsgruppen "Sättigungseffekte" sehen. Das bedeutet, dass die Pandemie dort abebbt. Daneben würden die aktuellen Maßnahmen und andere Effekte wie etwa das warme Wetter einen Anstieg zeitweilig abflachen.

"Eine ähnliche Entwicklung hat man bereits vergangenen Herbst beobachten können", sagt der Komplexitätsforscher Peter Klimek. Seiner und auch Poppers Einschätzung nach ist die Durchimpfungsrate noch zu niedrig, um allein einen bremsenden Effekt zu zeigen. Vielmehr seien dafür vor allem zwei Komponenten verantwortlich: Es gibt nun weniger Reiserückkehrer. Und die Teststrategie an den Schulen dürfte einen bremsenden Effekt haben, da die Infektionen vor allem in den Altersgruppen der unter 20-Jährigen stagnieren oder rückläufig sind – in den Wochen zuvor waren sie mit am höchsten. "Ich gehe aber davon aus, dass die Zahlen wie auch vergangenes Jahr wieder steigen werden", sagt Klimek. Man müsse sich darauf einstellen, dass die positiven Saisonalitätseffekte bald wegfallen werden. Es sei auch unklar, ob der bremsende Effekt der Schultestungen nachhaltig anhält.

Spitäler nicht entlastet

Die Spitäler entlastet das Ansteckungsplateau jedenfalls nicht, so Popper. Denn auch beständig hohe Neuinfektionen ohne große Anstiege können die Intensivstationen belasten. Da nun auch vermehrt jüngere Menschen versorgt werden müssen, habe sich die durchschnittliche Verbleibdauer im Krankenhaus auf bis zu drei bis vier Wochen verdoppelt. Um die Dynamik nachhaltig zu drücken, müssten sich laut Popper 800.000 bis 900.000 Menschen zusätzlich impfen lassen.

Trotz stagnierender Infektionszahlen steigen die Todeszahlen weiter an. Grund dafür ist, dass Todesfälle erst mit zeitlicher Verzögerung auftreten. So vergehen laut internationalen Zahlen von Symptombeginn bis zum Tod im Schnitt 18 Tage. Ob die Delta-Variante schneller oder gar häufiger zum Tod führt, sei in der Forschung noch nicht abschließend geklärt, sagt Klimek. Grob lasse sich deshalb sagen, dass Todeszahlen das Infektionsgeschehen von zwei bis drei Wochen zuvor widerspiegeln. (ek, 21.9.2021)